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Eine Kindheit ohne Liebe schädigt Körper und Seele

Wenn Kinder die Liebe der Eltern, aus welchen Gründen auch immer, entbehren müssen, kann dies zu traumatischen Erfahrungen führen, da es die Gewissheit der Geborgenheit in der Welt aufs Tiefste erschüttert. Die Beziehung des Selbst zur eigenen Person, zu anderen und zur Welt steht von Grund auf in Frage. Wilhelm Schmid erläutert: „Die fehlende Liebe zum Kind kann zur Folge haben, dass es psychisch und somatisch daran erkrankt. Die fehlende körperliche Nähe und der mangelnde Austausch von Gefühlen und Gedanken beengen die Seele mit Ängsten und beinträchtigen den Körper schwer.“ Der britische Kinderarzt John Bowlby vertritt die These, dass frühe Erfahrungen von Einsamkeit oder Verlust eine lebenslange Empfindlichkeit der neurobiologischen Systeme eines Menschen zur Folge haben kann. Wilhelm Schmid lebt als freier Autor in Berlin und lehrt Philosophie als außerplanmäßiger Professor an der Universität Erfurt.

Lieblosigkeit in der Kindheit hat gravierende Folgen für das Erwachsenenleben

Hält die Lieblosigkeit und Gleichgültigkeit der Eltern gegenüber ihren Kinder über einen längeren Zeitraum an, wird eine Verwahrlosigkeit des Nachwuchses sehr wahrscheinlich, mit gravierenden Konsequenzen für das spätere Erwachsenenleben. Wilhelm Schmid erklärt: „Verzögerungen in der Entwicklung und Fehlentwicklungen sind in vielen Fällen Beziehungen auszufüllen.

Wilhelm Schmid vermutet, dass fehlende Liebe und die vermisste familiäre Einbindung mit dem Phänomen zunehmender Schwangerschaften bei Teenagern zu tun haben. Doch in den neuen Beziehungen führen Probleme rasch zu Angst und Stress, denn die äußerst zerbrechliche Beziehung zur eigenen Person ist vom Mangel an Wertschätzung durch Andere bedroht. Aggressionen fungieren dann als Selbstschutz und stellen eine verzweifelte Reaktion dar, wenn die Beziehungen, denen das eigene Dasein anvertraut wird, bedroht sind oder verloren gehen.

Der pädagogische Eros ist der Nährboden der Pädophilie

Der Gebrauch von Gewalt gegenüber Kindern kann laut Wilhelm Schmid Ausdruck einer fehlenden Liebe, einer Gleichgültigkeit sein, die es ermöglicht, das wehrlose Kind zum bloßen Objekt zu degradieren und Aggressionen an ihm abzureagieren. Wilhelm Schmid ergänzt: „Vielleicht ist es auch nur dasa Gefühl der Überforderung, das zur Gewalttätigkeit führt.“ Die Gewalt kann seiner Meinung nach darüber hinaus auch der Ausdruck einer fehlgeleiteten Liebe sein, sei es einer sadistischen Liebe, die in der Gewalt ihre Erfüllung findet, oder in einer erloschenen Liebe, die aus irgendwelchen Gründen sich in Hass verwandelt.

Ebenfalls gravierende traumatische Folgen hat die missbräuchliche Liebe zum Kind, mit oder ohne Anwendung von Gewalt. Wilhelm Schmid schreibt: „Beim sexuellen Missbrauch wird aus dem Kind ein gefügiges oder gefügig gemachtes Objekt, mit dem der Täter, der in vielen Fällen aus dem familiären und sozialen Umfeld kommt, leichtes Spiel hat.“ Ausgerechnet der pädagogische Eros, ohne den eine Erziehung von Kindern kaum gelingen kann, ist für Wilhelm Schmid der Nährboden der Pädophilie. Wird der Eros mit körperlicher Erotik verwechselt, ist dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

Von Hans Klumbies

 

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