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Narzissten sind sehr von sich überzeugt

Wenn man das Wort „Narzissmus“ hört, denkt man an eine schillernde Persönlichkeit – charismatisch, vielleicht ein bisschen zu sehr von sich überzeugt. Aber durchaus unterhaltsam. Nur: auf die Dauer durch den Mangel an Empathie und die starke Ich-Bezogenheit eben doch verletzend. Turid Müller fügt hinzu: „Wobei wir Eitelkeit und Arroganz vielleicht auch lange entschuldigen, zumal es sich doch um so außergewöhnliche Individuen handelt: witzig, clever, eloquent!“ Gerade auf den ersten Blick ist schwer zu merken, dass jenseits der schicken Oberfläche nicht viel Tiefgang zu erwarten ist. Und dass die ach so spannenden Geschichten gern mit „Ich …“ beginnen. Zuhören gehört übrigens nicht zu den Kernkompetenzen dieser Menschen – es sei denn, es dient der Selbstinszenierung. Turid Müller ist Diplom-Psychologin und ausgebildete Schauspielerin.

Beim Narzissmus leidet vor allem das Umfeld

Dafür machen sie sich gut als Star der Party, als Diva, leidenschaftlicher Liebhaber oder mächtige Führungspersönlichkeit. Solche Charaktere können attraktiv und anziehend wirken. Ihre Eigenschaften scheinen zunächst faszinierend, und die extravaganten Erlebnisse können wirklich aufregend sein. Turid Müller weiß aber: „Tatsächlich verbirgt sich aber hinter dem gestylten Äußeren, den großen Gesten und dem beeindruckenden Lebenslauf zuweilen eine Persönlichkeitsstörung.“ Das hat einschneidende Folgen für das Umfeld. Gerade nahe Angehörige leiden meist stark unter den damit einhergehenden Verhaltensweisen.

Das fängt bei dem übergroßen Bedürfnis nach Aufmerksamkeit an, geht weiter mit Kritikunfähigkeit, Herabwürdigungen und Wutanfällen und führt bis hin zu Affären, Doppelleben, Kontrolle oder sogar körperliche Gewalt. Hier unterscheidet sich Narzissmus von vielen anderen psychischen Erkrankungen: Gewöhnlich haben die Betroffenen den Leidensdruck. Beim Narzissmus ist das anders. Da leidet das Umfeld. Der hier beschriebene grandiose Narzissmus ist also eine typische Variante dieser Persönlichkeitsstörung.

Narzissten leiden unter einem geringen Selbstwert

Laut dem österreichischen Psychiater und Psychotherapeuten Reinhard Haller gibt es fünf große „E“ des Narzissmus. Er zählt dazu Egozentrik, Eigensucht, Empfindlichkeit, Empathiemangel und Entwertung. Wen man in der Schule mit griechischen Sagen beglückte, kennt die Fabel vom allseits umschwärmten Narziss, der sich in sein eigenes Spiegelbild verliebte. Daher rührt das Wort „Narzissmus“. Was landläufig unter Narzissmus verstanden wird, der sogenannte grandiose Narzissmus, ist dem Verhalten ähnlich, das sein griechischer Namensgeber an den Tag legte.

Turid Müller erläutert: „Betroffene halten sich für überlegen und wichtig. Sie wollen bewundert werden und erwarten eine Sonderbehandlung. Was aussieht wie ein übergroßes Selbstwertgefühl, ist eigentlich genau das Gegenteil: Scham – so vernichtend und bedrohlich, dass sie nicht bewusst werden darf.“ Daher wird der geringe Selbstwert durch grandiose Einstellungen und Verhaltensweisen überkompensiert. Auch die Narzisse, in die Narziss schließlich verwandelt wird, ist namentlich verwandt: Genau wie Beziehungen mit narzisstischen Menschen ist auch ihre strahlende Blüte giftig. Quelle: „Verdeckter Narzissmus“ von Turid Müller

Von Hans Klumbies

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