Männer haben viel Terrain verloren
Der Schriftsteller Stefan Zweig sagte: „Jede Widerstandsgeste ohne Risiko ist nichts als Geltungssucht.“ Heute gibt es Menschen, die jeden Trend mitmachen, weil sie das Neue grundsätzlich interessanter als das Alte finden. Tobias Haberl hat immer nur das Wahrhaftige interessiert, egal, ob es alt oder neu ist. Er ist seit Jahren elektrisiert von der Gender- und Identitätsdebatte, fühlt sich mal zu Recht, mal zu Unrecht angeklagt. Viele Vorwürfe gegen traditionelle Männlichkeit teilt Tobias Haberl, andere findet er überzogen. Leider wird die Debatte von vielen Selbstdarstellern geführt, die in einer Eskalationssymbiose aneinandergekettet sind. Die einen schreien: „Männer sind dominant und gewalttätig!“ Die anderen schreien zurück: „Feministinnen sind hysterisch und sehen scheiße aus!“ Tobias Haberl schreibt für das „Süddeutsche Zeitung Magazin“. Sein letztes Buch „Die große Entzauberung – Vom trügerischen Glück des heutigen Menschen“ wurde ein Bestseller.
Weiße Männer werden grundsätzlich infrage gestellt
Was passiert, wenn sie sich gegenseitig niederbrüllen, um anschließend ihre Likes zu zählen, kann man jeden Tag auf Twitter verfolgen. Tobias Haberl schämt sich, wenn Männer Frauen abwerten und beleidigen. Er schämt sich, wenn Männer im Internet erläutern, wie man eine Frau vergewaltigt, ohne zur Rechenschaft gezogen zu werden. Zudem schämt er sich, wenn Männer verzweifelte Rückzugsgefechte führen, um längst verlorenes Terrain zurückzuerobern.
Denn sie begreifen nicht, dass alles eines Tages vorübergeht, auch eine tief empfundene Überzeugung von der Vormachtstellung des weißen Mannes. Und dann gibt es Momente, in denen Tobias Haberl trotzig und manchmal sauer wird. Wenn zum Beispiel jemand pauschal Stimmung gegen Männer macht, um ein paar Follower abzugreifen. Es gibt Augenblicke, in denen fühlt sich Tobias Haberl so falsch verstanden, dass er am liebsten schreien würde. Als weißer Mann wird man heute grundsätzlich infrage gestellt.
Nur noch wenige Männer finden sich rundherum toll
Dass Männer rundherum toll sind, finden eigentlich nur noch Gangsta-Rapper, Wladimir Putin und Zlatan Ibrahimović. In deutschen Vorständen sitzen weniger Frauen als Männer. Keine einzige deutsche Universität ist nach einer Frau benannt. Fast jeder Aspekt des menschlichen Lebens orientiert sich an männlichen Merkmalen. Tobias Haberl ist schon klar, dass er in dieser Angelegenheit auf keinen Fall das Opfer ist und dass Männerfeindlichkeit Stand heute zu „null Toten und Verletzten“ geführt hat.
Tobias Haberl möchte die problematischen Aspekte von Männlichkeit nicht bagatellisieren. Dazu zählen Gewalt, Missbrauch, Skrupellosigkeit, Rechte und Incels, die starke Frauen dafür verantwortlich machen, dass sie keinen Sex und auch sonst nichts auf die Reihe kriegen. Frauen, Homosexuelle und Transmenschen werden definitiv stärker diskriminiert als heterosexuelle weiße Männer. Natürlich sind Männer seit Jahrhunderten für Gewalt und Profitgier verantwortlich. Auf der anderen Seite hatten die meisten Frauen nicht die Möglichkeit, Menschen zu unterdrücken oder zu enteignen. Quelle: „Der gekränkte Mann“ von Tobias Haberl
Von Hans Klumbies