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Stillhalten ist nichts Schlechtes

„Mein ganzes Leben lang bin ich immer nur auf meine Ziele zugestürmt.“ Wenn man erfolgreiche Menschen so etwas sagen hört, ist man leicht beeindruckt, und gleichzeitig denkt man sich vielleicht: „Hm, also mein Leben scheint stillzustehen; ich gebe mich wohl einfach der Faulheit geschlagen.“ Shunmyo Masuno weiß: „Sicherlich gibt es Menschen, die ohne Unterbrechung auf Hochtouren laufen und deren Leben deshalb erfüllt und schillernd zu sein scheint. Aber nicht jeder ist dazu fähig.“ Es ist an sich nichts Falsches daran, durchs Leben zu rasen, aber im Denken des Zen ist Stillhalten nichts Schlechtes. Im Gegenteil, Zen lehrt, dass es extrem wichtig ist. Shunmyo Masuno ist ein japanischer Zen-Mönch, preisgekrönter Zen-Garten-Designer sowie Professor für Umweltdesign an der Tama Art University in Tokyo.

Stillhalten ist eine Gelegenheit zum Nachdenken

Stillhalten erlaubt Menschen, über sich selbst nachzudenken, zu überprüfen, wie es ihnen ergangen ist. Denjenigen, die vielleicht sagen: „Ich brauch nicht nachzudenken. Ich habe keine Zweifel an meiner Lebensführung!“, antwortet Shunmyo Masuno: „Nun, das mag der Fall sein – oder auch nicht.“ Andere fragen sich vielleicht: „Wenn ich aufhöre, mich zu bewegen, wird es dann nicht schwierig sein, wieder in Gang zu kommen!“ Aber es gibt nichts zu befürchten. Man sollte einfach versuchen, Ruhe zu finden.

Innehalten ist wahrscheinlich dann besonders hilfreich, wenn man strauchelt oder gescheitert ist. Es gibt immer eine Ursache für das Straucheln und für Misserfolge, und es ist wichtig diese Ursache zu erkennen. Man sollte innehalten, um zu verstehen. Wenn man einen Misserfolg erlebt, ist das Stillhalten eine Gelegenheit zum Nachdenken: „Wie oder warum bin ich gescheitert?“ Shunmyo Masuno ergänzt: „Wenn Sie weitermachen, ohne die Ursache zu erforschen, werden Sie Ihre Stolpersteine zurücklassen. Und das wird sich eines Tages auswirken.“

Jeder Mensch kann ohne Sorge innehalten

Weit in die Zukunft werden die Dinge, die man zurückgelassen hat, einen einholen, und man wird weiterhin die gleichen Fehler machen. Shunmyo Masuno erklärt: „Um Straucheln und Misserfolge in positive Erfahrungen umzuwandeln und Lehren aus ihnen zu ziehen, ist es notwendig, ihre Ursachen ans Licht zu bringen. Es gibt Dinge, die hier und jetzt getan werden sollten, und um sie angehen zu können, ist es wichtig innezuhalten.“ Es lohnt sich immer – nicht nur wenn man strauchelt oder scheitert – innezuhalten und in seinem eigenen Tempo zu überlegen: „Ist dies das Richtige?“

Diese Idee – „Übe das Innehalten“ – stammt aus einem klassischen chinesischen Text. Das Konzept besagt, dass es wichtig ist, mindestens einmal am Tag innezuhalten und über sich selbst nachzudenken. Shunmyo Masuno erläutert: „Wenn wir beobachten, wie unsere Freunde und Kollegen schnell vor uns herlaufen, kann es zermürbend sein stillzustehen. Aber sowohl das Zen als auch die chinesischen Klassiker versichern uns, dass alles in Ordnung sein wird: Wir können ohne Sorge innehalten.“ Quelle: „Don´t Worry“ von Shunmyo Masuno

Von Hans Klumbies

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