Empathie und Mitgefühl unterscheiden sich
Der Begriff „Empathie“ hat in den letzten Jahren einen meteoritenhaften Aufstieg erlebt. Klaus-Peter Hufer erläutert: „Mit Empathie ist im alltagssprachlichen Gebrauch „Mitgefühl“ oder „Mitleid“ gemeint.“ Danach ist wohltätiges Verhalten gegenüber anderen davon abhängig, dass man sich in sie hineinversetzt, dass man fühlt, was sie fühlen. Und dass man ihren Standpunkt einnimmt oder die Welt durch ihre Augen sieht. Eine sehr ähnliche Definition stammt von der amerikanischen Philosophin und Rechtswissenschaftlerin Martha Nussbaum: „Man kann Empathie als die Fähigkeit definieren, sich die Situation des anderen vorzustellen und dessen Perspektive einzunehmen.“ Obwohl Empathie und Mitgefühl im Alltag gleichgesetzt werden, sollte man sie nicht verwechseln. Klaus-Peter Hufer promovierte 1984 in Politikwissenschaften, 2001 folgte die Habilitation in Erziehungswissenschaften. Danach lehrte er als außerplanmäßiger Professor an der Uni Duisburg-Essen.
Empathie kann sich auf jeden emotionalen Zustand beziehen
Sympathie setzt eine Gleichartigkeit im Erleben und Verhalten voraus und ruft dadurch Mitfühlung hervor. Empathie hingegen setzt keine Gleichartigkeit voraus, sondern ermöglicht durch Einfühlung eine Konvergenz. Mitleid bezieht sich ausschließlich auf negative emotionale Zustände anderer Personen, während sich Empathie auf jeden emotionalen Zustand beziehen kann. Dennoch sind diese Gefühle verwandt und ergänzen einander. Es leuchtet unmittelbar ein, dass Empathie mit dem Leiden und er Not von Opfern von Gewalt, die Fähigkeit, sich in ihre missliche Lage hineinzuversetzen, zu Unterstützung und Hilfe für sie veranlasst.
Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass Empathie zu empfinden ein Persönlichkeitsmerkmal bei Menschen ist, die Zivilcourage zeigen. Klaus-Peter Hufer fügt hinzu: „Mehr noch: Auch gesellschaftliche Entwicklungen hin zur Festigung von Grund- und Menschenrechten werden von Empathie beeinflusst.“ Neuere Forschungsberichte legen ebenso nahe, dass in einer Gesellschaft, in der Egoismus, Rücksichtslosigkeit und Narzissmus sowie aggressives und antisoziales Verhalten bestimmend ist, deutlich weniger Empathie vorhanden ist.
Empathie lässt sich fördern und man kann sie lernen
Klaus-Peter Hufer denkt da an die durchökonomisierte, im negativen Sinne individualisierte Gesellschaft der Gegenwart. Allzu viel Empathie stört manches betriebswirtschaftliches Kalkül. Wie Empathie entsteht, scheint noch weitgehend ungeklärt zu sein. Offensichtlich kann diese Fähigkeit im Laufe eines Lebens erworben werden und wachsen. Psychologen von der Michigan State University berichten: „Wir haben beobachtet, dass die Empathiefähigkeit von der Adoleszenz bis in fortgeschrittenes Erwachsenenalter ansteigt.“
Dabei spielen gravierende emotionale Erlebnisse wie die Geburt eigener Kinder, Krankheiten und der Tod enger Familienangehöriger oder Freunde eine Rolle. Beobachtet wurde auch, dass Menschen mit dem Alter empathischer werden. Empathie lässt sich fördern und man kann sie lernen. Vielleicht sorgt auch das Vorbild eines zivilcouragierten Einsatzes von Menschen mit der Fähigkeit zur Empathie dafür, dass andere davon beeindruckt sind und selbst Empathie entwickeln. Quelle: „Zivilcourage“ von Klaus-Peter Hufer
Von Hans Klumbies