In der Erotik prallen Kultur und Körper zusammen

Wolfgang Schmidbauer kritisiert eine Konsumkultur, welche die Fantasie von Jugendlichen in materielle Bahnen lenkt. Es handelt sich um Störungen der Fantasie, die von der Gesellschaft nicht spiritualisiert, sondern materialisiert werden. Wolfgang Schmidbauer erinnert sich an ein Alterswerk des Kulturanthropologen Wilhelm Emil Mühlmann über „Die Metamorphose der Frau – Weiblicher Schamanismus und Dichtung“. Darin beschreibt er mit vielen Quellen, dass unter allen Umformungen durch die Hochkultur ein primär weiblicher Schamanismus fortlebt. Dessen zentrale Qualität ist die Verwandlung – in ein Tier, in einen Fluss, in einen Sturm oder in ein anderes Geschlecht. In der Erotik prallen Kultur und Körper zusammen. Die Kultur schafft die Geschlechter, indem sie diese in einen Kokon spinnt. Der Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer ist Autor zahlreicher Fach- und Sachbücher, die sich millionenfach verkauften.

Ein Flohmarkt ist ein kluges Ding

Es ist leicht, sich über Lösungen zu erheben, die instabil, fantastisch und ein wenig parasitär sind. Am leichtesten gelingt das dann, wenn man sich nicht eigestehen will, wie problematisch der eigene Lebensstil ist. Die Magie der Reparatur greift auf ein erstes Menschentum zurück, ein hungriges Paradies. In diesem singen die Menschen zwar schon Lieder und tanzen zum Takt der um ihre Knöchel gebundenen Rasseln. Aber sie greifen nicht in die Natur ein, sondern nehmen sich nur von der Oberfläche, was sie brauchen.

Wolfgang Schmidbauer meint: „Dieser Blick, der das seltene Brauchbare zwischen angehäuftem Unbrauchbaren findet, verkümmert, sobald wir bei Amazon bestellen. Auf dem Flohmarkt können wir ihn noch üben.“ Daher ist der Flohmarkt in der Nomenklatur von Wolfgang Schmidbauer ein kluges Ding und Amazon ein dummes. Die selbstgebaute Hütte im Slum ist klüger als das schlüsselfertige Eigenheim, in dem die Leitungen unter Putz liegen und Störungen einen Spezialisten brauchen.

Jäger und Sammler leisten keine Sklavenarbeit

Die Kinder der Altsteinzeit wurden schnell und ohne die Quälerei einer europäischen Pubertät erwachsen. Sie erlebten die Kluft nicht, die in der Zivilisation das unmündige Kind vom mündigen Erwachsenen trennt. Sie sind nicht viele Jahre lang den Ängsten der Erwachsenen ausgesetzt. Diese müssen dafür sorgen, dass ihre Kinder sich an eine Welt anpassen, die von ihnen gemacht ist und nicht einfach da ist. Sie lernen in der Schule von Hunger und Schmerz.

Niemand muss in einer Jägerkultur still sitzen und fleißig üben für eine Zukunft, die sich den eigenen Sinnen, der eigenen Wahrnehmung entzieht. Daher sterben Sammler und Jäger eher, als Sklavenarbeit zu leisten. Die Siedlungsgeschichte und die sozialen Probleme der Neuen Welt wurzeln nicht zuletzt darin, dass die Kolonisatoren Afrikaner versklavten und importierten. Diese hatten die Umstellung auf Ackerbau und Viehzucht schon hinter sich. Die Altsteinzeit ist nicht vorbei. In den Menschen erhalten geblieben ist die Sehnsucht nach einer Welt, in der sie nur von der Natur lernen und die Personen, die ein Kind umgeben, ihm die gleiche Freiheit lassen, wie das die Natur tut. Quelle: „Die Kunst der Reparatur“ von Wolfgang Schmidbauer

Von Hans Klumbies

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