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Heilung durch die Kräfte der Natur

Die Psychotherapeutin Linda Buzzell-Saltzmann geht mit ihren Patienten gerne in ihren dicht bewachsenen Garten und begründet dies wie folgt: „Im Garten fällt es Menschen oft leichter, ihre Gedanken und Sorgen zu artikulieren.“ Sie glaubt ganz fest an die Heilkraft der Gärten, der Wiesen und des Waldes. Die so genannten Ökopsychologen wollen die angeblich zerrüttete Beziehung der Menschen zur Natur wieder ins Lot bringen.
In der Nähe von Parks gehen die Depressionen zurück

Der Ökopsychologe Thomas Doherty erklärt: „Wir wollen erforschen, wie der Mensch die Natur erlebt, damit er eine intakte emotionale Verbindung zu ihr pflegen und verantwortlich handeln kann.“ Ökopsychologen stützen sich in ihrer Wissenschaft auf zwei weitgehend anerkannte Thesen: Erstens fördert das Erleben der Natur die Psyche und zweitens schadet zu wenig Natur dem Menschen.

Studien haben ergeben, dass Stresssymptome wie Herzfrequenz oder Schweißbildung zurückgehen, wenn Menschen die Natur erleben. Am wirkungsvollsten ist es offenbar, sich möglichst oft in der Natur oder zumindest in Parks oder anderen Grünanlagen aufzuhalten. Stadtmenschen, die nicht weit von einem Park entfernt leben, leiden seltener unter Depressionen, Ängsten oder an Störungen des Herzkreislaufsystems.

Die neue Krankheit der Naturdefizitstörung

Die Umweltpsychologin Dörte Martens fand sogar heraus, dass sich die Stimmung ihrer Probanden aufhellte, wenn sie durch gepflegte Wälder wanderten anstatt durch Flächen mit viel Unterholz und toten Bäumen. Sie sagt: „Obwohl beide Waldflächen durch Wege gut begehbar waren, wirkte der gepflegte Wald beruhigender.“ Einige US-Psychologen behaupten inzwischen sogar, dass der massive Mangel an Naturerfahrung in Industriegesellschaften psychische Krankheiten verursache.

Für Kinder, die kaum in der freien Natur spielen und die meiste Zeit vor der Glotze oder dem Computer sitzen, prägte der Psychologe Richard Louv ein neues Krankheitsbild – die Naturdefizitstörung. Als Symptome beschrieb er zu hohes Gewicht, Probleme bei der Konzentration und Depressionen. Doch noch gibt es keine Befunde, dass Stadtkinder eine labilere Psyche hätten als Kinder vom Land. Umweltpsychologen in Europa warnen davor, die psychologische Forschung auf die Naturerfahrung einzuengen. Defizite in einem Bereich des Lebens könnten außerdem durch andere positive Alltagserfahrungen ausgeglichen werden. Gute soziale Beziehungen gleichen möglicherweise den Mangel an Erlebnissen in der Natur wieder aus.

Von Hans Klumbies

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