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Authentizität bei Politikern kommt an

Wer stimmig erscheint, dem vertraut man. Denn durch die Resonanz im Gefühl beim Gegenüber entsteht intuitiv der Eindruck, dass er sich auskennt im Wesen des anderen. Hans-Otto Thomashoff weiß: „Wer als Politiker emotional authentisch wirkt und zudem die Wähler im Gefühl anspricht, der kommt an. Wähler wollen Stimmigkeit, sie wollen in ihrem Gefühl verstanden werden, und sie wollen wissen, woran sie sind.“ Deshalb ist es fatal, wenn Politiker im Wahlkampf Versprechungen machen, die sie nach der Wahl nicht halten. Oder wenn bestehende Positionen ohne nachvollziehbare Erklärung plötzlich über den Haufen geworfen werden. Angela Merkels Stärke war es, Stabilität, Verlässlichkeit und Sicherheit zu vermitteln, Werte, die ihrer Persönlichkeit entsprachen. Hans-Otto Thomashoff ist Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychoanalyse in eigener Praxis in Wien.

Oftmals ist der Weg zur Mitbestimmung in der Politik versperrt

Sie stellte eine machtbewusste Frau dar, die noch jeden Konkurrenten erfolgreich aus dem Weg geräumt hatte. Doch angesichts des Leids der Flüchtlinge, die auf einmal zu Tausenden nach Europa kamen, reagierte die mächtigste Frau der Welt überraschend einfühlsam und weich. Das war zwar menschlich sympathisch, aber nicht mehr stimmig zu der Person, als die sie sich jahrelang an der Macht gehalten hatte, als die sie gewählt und bewundert worden war. Zwar gewann sie durch ihr Handeln neue Anhänger, doch viele ihrer angestammten Wähler nahmen ihr den unmittelbaren Umschwung übel.

Hans-Otto Thomashoff erläutert: „Wähler wollen das Gefühl haben, dass sie sich auskennen.“ Oftmals ist ihnen jedoch der Weg zur Mitbestimmung in politischen Detailfragen versperrt. In solchen Fällen brauchen sie zumindest den Eindruck, dass sie den Regierenden vertrauen können. Wenn statt kompetenter Sacharbeit Parteienstreit, Egoismen, Machtkalkül, Widersprüchlichkeit und fehlende Integrität das Bild beherrschen, verspielt die Politik dieses Vertrauen.

Nur Menschen können ihre Persönlichkeit formen

Ist die Stimmigkeit der politischen Arbeit nicht mehr gegeben, regt sich dementsprechend Unzufriedenheit in der Bevölkerung. Menschen haben im Lauf der Evolution die Fähigkeit gewonnen, ihr Tun abstrakt zu hinterfragen. Hans-Otto Thomashoff erklärt: „Hierdurch können wir unser Verhalten aktiv und gezielt steuern und außerdem mitentscheiden, was wir als Gedankengut und Verhaltensmuster in unser Gehirn aufnehmen. Weil unser Denken und Handeln in unserem Gehirn zur Struktur werden, können wir durch unser Denken direkt auf seine Biologie einwirken.“

Indem Menschen ihr Denken und Handeln steuern, formen sie regelrecht ihr Gehirn und damit ihre Persönlichkeit. Auf diese Weise können sie als einzige Lebewesen bewusst Einfluss darauf nehmen, wer sie sind. Jeder einzelne Mensch vollzieht in seiner psychischen Entwicklung die Schritte nach, welche die Menschheit in ihrer Entwicklungsgeschichte durchlaufen hat. Etwa im Alter von vier Jahren sind Kinder heute dort, wo vor vielen Tausend Jahren dem ersten Menschen die bewusste Selbstwahrnehmung gelang. Quelle: „Mehr Hirn in die Politik“ von Hans-Otto Thomashoff

Von Hans Klumbies

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