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Angst ist ein subjektives Geschehen

Nicht immer gelingt es einem Menschen, sich selbst gut zu beobachten und sich bewusst zu machen, ob er nun irritiert, bereits verunsichert oder schon völlig hilflos ist. Gerald Hüther erläutert: „Die Übergänge sind fließend, oft handelt es sich auch um nur schwer zu beschreibende Empfindungen. Meist sind diese Empfindungen auch schon von Versuchen zur Wiederherstellung der verloren gegangenen Kohärenz begleitet und werden davon überlagert.“ Deshalb ist das Gefühl der Angst immer und grundsätzlich Ausdruck eines inneren, subjektiven Geschehens. Objektiv messbar sind nur die mit dieser subjektiv empfundenen Angst einhergehenden körperlichen Reaktionen und Verhaltensweisen. Die Angst wird in Form dieser automatisch ablaufenden Reaktionen als Irritation, Verunsicherung und Ohnmacht erlebt. Eine Person kann dieses Erleben beschreiben, aber nicht durch kognitive Überlegungen steuern. Gerald Hüther ist Neurobiologe und Verfasser zahlreicher Sachbücher und Fachpublikationen.

Manche Personen haben Angst vor den Abläufen im eigenen Körper

Das Erleben läuft in der Person ab und lässt sich willkürlich nicht beeinflussen. Gerald Hüther erklärt: „Die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf dieses körperliche Angsterleben verstärkt die Wahrnehmung der dabei stattfindenden Körperreaktionen – und erzeugt bei manchen Personen eine zusätzliche Angst vor dem, was nun auch noch im eigenen Körper abläuft.“ Bewusst erlebt wird aber das befreiende Gefühl, das sich immer dann einstellt, wenn es gelungen ist, den als Angst empfundenen inkohärenten Zustand im Gehirn durch eine eigene Lösung oder eine glückliche Fügung wieder in einen kohärenten Zustand zu verwandeln.

Dann bekommt man wieder „den Kopf frei“. Gerald Hüther stellt fest: „Erst dann, wenn sich das bis dahin im Frontalhirn als allgemeines „Arousal“ entstandene Durcheinander wieder beruhigt hat, ist es einer Person möglich, sich bewusst zu vergegenwärtigen und darüber nachzudenken, was tatsächlich vorgefallen ist.“ Erst jetzt, wenn es im Gehirn wieder etwas kohärenter zugeht, ist sie auch in der Lage, die Ursache oder zumindest den Auslöser ihrer Angst zu erkennen.

Das Überwinden einer bedrohlichen Situation aktiviert das „Belohnungssystem“

Erst dann kann die Person begreifen und sich bewusst machen, was ihr geholfen hat und wie es ihr gelungen ist, die drohende Gefahr doch noch abzuwenden und die damit einhergehende Angst zu beruhigen. Gerald Hüther betont: „Es ist also nicht der Zustand der Angst, in dem dieser Erkenntnisprozess abläuft und diese Lernerfahrung gemacht wird. Es ist der Umstand, dass diese Angst überwunden, eine geeignete Lösung gefunden werden konnte.“

All das, was eine Person erfolgreich eingesetzt und unternommen hat, um einen inkohärent gewordenen Zustand wieder in einen kohärenten zu verwandeln, wird nun in Form der dabei aktivierten neuronalen Verschaltungen fest in ihrem Gehirn verankert. Gerald Hüther fügt hinzu: „Nicht die Angst, sondern das Erleben, eine bedrohliche Situation gemeistert zu haben, führt zur Aktivierung des sogenannten „Belohnungssystems“ und damit zur Freisetzung von Botenstoffen und Wachstumshormonen, die das Auswachsen neuer Fortsätze und das Knüpfen neuer Nervenzellkontakte stimulieren.“ Quelle: „Lieblosigkeit macht krank“ von Gerald Hüther

Von Hans Klumbies

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