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Eine freundliche Kindheit erzeugt Heimatgefühle

Die Kindheit prägt den Menschen für den Rest seines Lebens. Sie könnte also Schuld daran sein, wenn Erwachsene sich zum Rechtspopulismus hingezogen fühlen. Herbert-Renz Polster hört dazu oft den Einwand, ob das nicht zu simpel sei. Denn viele Menschen haben eine schwere Kindheit gehabt und sind nicht im Geringsten anfällig für Alexander Gauland oder Donald Trump. Dazu erklärt Herbert Renz-Polster folgenden Grundsatz: „Menschen betrachten ihre Umgebung als Heimat, wenn man ihnen darin freundlich begegnet ist. Menschen halten die Welt für unberechenbar, wenn sie sie als unberechenbar erfahren haben.“ Es wäre geradezu unlogisch, wenn die Erfahrungen in der Kindheit die späteren Wahrnehmungen als Erwachsene beeinflussen würden. Vor allem die von Macht und Autorität. Der Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster hat die deutsche Erziehungsdebatte in den letzten Jahren wie kaum ein anderer geprägt.

Die kindliche Entwicklung ist ziemlich kompliziert

Aber ganz so einfach ist das nicht. Weil nämlich schon die kindliche Entwicklung ziemlich kompliziert ist. Es handelt sich dabei um ein Resonanzsystem aus Anlage und Umwelt, vorgeburtlicher und nachgeburtlicher Erfahrungen, sozialen Faktoren des Schutzes und der Belastung. Selbst eine von außen betrachtete gleiche Kindheit, hinterlässt jeweils eine andere Spur. Es gibt nicht das gekränkte Kind, es gibt ein gekränktes Kind – plus das, was eben sonst sein Leben prägt.

Das eine Gleis, das von bestimmten Kindheitserfahrungen zu einer bestimmten Weltsicht führt, kann es deshalb gar nicht geben. Weder wird aus einem in der Kindheit schlecht behandelten Kind automatisch ein problematischer Mensch. Noch wird aus einem gut behandelten Kind automatisch ein guter Mensch. Herbert Renz-Polster erläutert: „Das eine Kind hat ein zartes Naturell, das andere ist robuster. Das eine findet Zuflucht in weiteren Beziehungen, das andere kommt dabei vom Regen in die Traufe.“

Die Ausbildung der Persönlichkeit ist nicht vorbestimmt

Ein wieder anderes erlebt seine Krisen als Baby, das andere als Schulkind. Das eine erfährt seine Enttäuschungen durch die Eltern, das andere durch ihm fernen Stehende. Einigen öffnen sich beim Großwerden eine neue Beziehungswelt, andere graben sich immer tiefer in die alte Spur und verletzen sich dabei immer wieder neu. Das eine Kind ist den immer gleichen Menschen ausgeliefert, das andere findet Schutz bei anderen „bedeutsamen Menschen“, die seine Bindung prägen.

Um es auf den Punkt zu bringen: Der Weg, auf dem Menschen ihre Persönlichkeit ausbilden und dann mit Meinungen und Überzeugungen ausschmücken, kann gar nicht vorbestimmt sein. Denn dafür hat er viel zu viele Abzweigungen und einen viel zu unterschiedlichen Untergrund. Also: Kindheitliche Belastungen sind ohne jeden Zweifel bis in das Erwachsenenalter wirksam. Je tiefgreifender und vielfältiger die seelischen Belastungen sind, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass daraus später Störungen entstehen. Aber sie sind kein Schicksal. Quelle: „Erziehung prägt Gesinnung“ von Herbert-Renz Polster

Von Hans Klumbies

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