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Ein System kann schnell ins Wanken geraten

Durch eine einzelne Aktion, ähnlich wie beim Wischen auf dem Smartphone, kann ein ganzes System ins Wanken geraten. Der Neurowissenschaftler und Psychiater Manfred Spitzer bezeichnet dieses Phänomen als „Schwarmdummheit“. Er erklärt: „Schwarmdummheit bezeichnet das Auseinanderfallen eines Kollektivs von Menschen durch übermäßige Kommunikation.“ Manfred Spitzer leitet diesen Begriff von Fischschwärmen her. Auf Menschen ist dieses Prinzip allerdings nur begrenzt anwendbar, weil Menschen durch ihre Kommunikation dieses Kollektiv in Gefahr bringen. Rüdiger Maas erläutert: „Der Grund hierfür liegt in der Sozialpsychologie: Werden Meinungen in Gruppen geteilt, können diese andere Menschen in ihren Meinungen und Äußerungen beeinflussen.“ So erhält man verzerrte Bilder der Realität und nicht das „intelligente“ Abbild der Statistik. Rüdiger Maas studierte in Deutschland und Japan Psychologie. Er ist Gründer und Leiter eines Instituts für Generationenforschung.

Viele Eltern lassen sich fremdbestimmen

Die sogenannte Schwarmintelligenz schlägt in Schwarmdummheit um, eben weil sich die Menschen miteinander vernetzt haben und ihr Verhalten nach dem ausrichten, was sie von anderen Menschen erwarten. Eine enorme Beschleunigung findet sich auch im Netz. Vor allem in den Social-Media-Kanälen. Im Netz greifen die User auf unendlich viele Meinungen zurück. Alle streben danach, sich dem Kollektiv anzupassen. Viele Menschen wollen perfekte Eltern sein und lassen sich doch fremdbestimmen. Philosophen sprechen dabei von einer „entmenschlichten“ Erziehung.

Rüdiger Maas weiß: „Entmenschlicht ist diese Erziehung vor allem, weil die Zeit fehlt. Denn all die digitale Kommunikation frisst viel Zeit auf. Und das ist auch so gewollt.“ Der Professor für Molekulare Psychologie Christian Montag untersucht, wie psychische Funktionen des Menschen durch die Technologienutzung beeinflusst und verändert werden. Christian Montag spricht sogar davon, dass ein „Kampf der IT-Konzerne um unsere Aufmerksamkeit“ stattfindet. Mittels psychologischer Effekte schaffen es Plattformen, dass sich Menschen möglichst lange auf ihnen aufhalten.

Die analoge Welt spielt eine immer geringere Rolle

Es kann sogar das Gefühl entstehen, im Netz Raum und Zeit zu verlieren. Ein Gefühl, das wohl die meisten Menschen kennen. Man möchte nur kurz etwas im Netz nachschauen oder nur das eine Video sehen und hat schließlich viel mehr Zeit verschwendet und deutlich zu viele Videos konsumiert. Das Internet macht es den Usern leicht, sich in ihm zu verlieren. Man kann beispielsweise die Lieblingsserie jederzeit sofort anschauen ohne nerviges Warten auf irgendeine Uhrzeit.

Alles ist unmittelbar zugänglich, jedenfalls in Sachen Entertainment – und das in einer Geschwindigkeit, für die Menschen schon längst nicht mehr gemacht sind. Rüdiger Maas ergänzt: „Was aber nicht immer zugänglich ist, ist die Zeit. Diese geht verloren.“ Leider spielt die analoge Welt für viele Menschen eine immer geringere Rolle. Die analoge Welt tritt ins zweite Gleis und hat stellenweise ausgedient. Kompensieren soll das das Internet. Allerdings mit meist negativen Folgen. Quelle: „Generation lebensunfähig“ von Rüdiger Maas.

Von Hans Klumbies

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