Theodor Reik stellt eine Theorie des Liebeslebens auf
Mit seinem Buch „Geschlecht und Liebe“ trennte sich der Analytiker Theodor Reik von der Psychoanalyse Sigmund Freuds, obwohl er den Begründer dieser Wissenschaft immer noch bewunderte und verehrte. In diesem Werk formuliert er eine Theorie des Liebeslebens, die stark von der psychoanalytischen Libidotheorie abweicht. Die Liebe ist bei Theodor Reik kein Derivat der Sexualität mehr und kann auch nicht aus der postulierten Entfaltung von angeblichen Libidophasen abgeleitet werden. Liebe und Sexualität sind seiner Meinung nach von verschiedener Art und Abstammung. Er erkennt aber an, dass es neben den Sexualtrieben autochthone Ichtriebe gibt, die nicht aus der Triebhaftigkeit entspringen und ihre eigenen Ziele verfolgen.
Sexualität lässt sich nicht in Kultur verwandeln
Nach Theodor Reik wurzeln die Perversionen in Ängsten und aggressiven Impulsen, die sich des Sexuellen als eines Hilfsmittels bedienen, um einen Geschlechtspartner zu überwältigen, zu beherrschen oder sogar zu demütigen. Sigmund Freud stellte die These auf, dass es möglich ist, sexuelle Strebungen durch Aufschub und Ablenkung in soziale und kulturelle zu verwandeln. Für Theodor Reik ist das ein Phantom und er schreibt: „Sublimierte Sexualität gibt es , dass der primitive Geschlechtstrieb als Stufe zu hohen kulturellen Zielen benutzt werden kann, ist ebenso töricht wie die Behauptung, dass das Bedürfnis, zu urinieren, abgelenkt und die daraus sich ergebende Energie zur Erreichung edler Ziele benutzt werden kann.“
Das Sexuelle ist nach Theodor Reik ein biologisches Bedürfnis, dessen Ziel Entspannung und Lust ist. Die Liebe hingegen sucht das Glück, die Nähe zu einem Partner, den Dialog und die wechselseitige Förderung. Für die sexuelle Befriedigung sind die Menschen offensichtlich austauschbar, wenn gewisse Geschmacksgrenzen eingehalten werden, in der Liebe dagegen gibt es nur eine einzige und nicht ersetzbare Person. Diese Persönlichkeit repräsentiert Werte, die für den Liebenden von höchster Bedeutung sind.
Kurzbiographie: Theodor Reik
Theodor Reik wurde am 12. Mai 1888 in Wien geboren. In seiner Geburtstadt studierte er Literatur, Psychologie und Philosophie. Er wurde ein Schüler Sigmund Freuds und promovierte mit der ersten psychoanalytischen Doktorarbeit über dem Titel: „Flaubert und seine „Versuchung des heiligen Antonius“: ein Beitrag zu Künstlerpsychologie“. 1914/15 absolvierte er eine Lehranalyse bei Karl Abraham in Berlin.
1938 reiste Theodor Reik in die USA und ließ sich in New York nieder. Zu seinen bedeutendsten Werken zählen: „Der eigene und der fremde Gott“, „Geständniszwang und Strafbedürfnis“, „Geschlecht und Liebe“, „Hören mit dem dritten Ohr“ und „Dreißig Jahre mit Sigmund Freud“. Theodor Reik starb am 31. Dezember 1969 in New York.
Von Hans Klumbies