Talente brauchen eine individuelle Förderung
Unzweifelhaft hat eine Gesellschaft sehr wohl Einfluss darauf, welchen Stellenwert bestimmte Talente haben und wie man besonders günstige Bedingungen für sie schafft. Österreich und Deutschland sind daher gut beraten, die individuelle Förderung von Talenten auf möglichst vielen, heute vielleicht auch gar nicht erkannten Gebieten zur nationalen Priorität zu machen. Andreas Salcher rät: „Es sollte uns zu denken geben, welchen Stellenwert Singapur seinen Lehrern zukommen lässt und welche Ergebnisse dieser erst 1965 gegründete Staat damit schon erzielt hat.“ Singapur, das keinerlei natürliche Rohstoffe oder Anbauflächen besitzt, hat erkannt, was der wichtigste Rohstoff einer Nation ist: das geistige Potenzial ihrer Kinder. Natürlich spielen dabei auch volkswirtschaftliche Überlegungen mit dem Ziel, sich nationale Vorteile zu verschaffen, eine gewichtige Rolle. Dr. Andreas Salcher ist Unternehmensberater, Bestseller-Autor und kritischer Vordenker in Bildungsthemen.
Talente sind wertvoll und müssen anerkannt werden
Aber es gibt einen wesentlich wichtigeren Grund, warum man dem Entdecken und Fördern von Talenten in Österreich und Deutschland einen viel höheren Stellenwert geben sollte. Andreas Salcher erklärt: „Und der betrifft uns alle. Es geht um unser persönliches Glück. Viele Studien bestätigen, dass Geld, Sicherheit und ein bestimmtes Maß an Komfort für uns durchaus notwendig sein mögen, aber nicht entscheidend sind. Für ein glückliches Leben brauchen wir das Gefühl, dass unsere Talente wertvoll sind und anerkannt werden.
Voraussetzung dafür ist, dass man diese Begabungen rechtzeitig erkennt und fördert. Aus einem talentierten Kind wird dann ein auf seinem Gebiet erfolgreicher Erwachsener, wenn es ihm selbst große Freude macht, sein Talent möglichst intensiv auszuleben. Eine unterstützende Familie erweist sich dabei als sehr hilfreich und enthusiastische Lehrer können einen entscheidenden Beitrag dazu leisten, damit Begabungen nicht ins Schwarze Loch abstürzen.
Jeder schreibt die Geschichte seines Lebens selbst
Eigentlich ginge es nur darum, diese natürliche Neugier und Freude, die in jedem Kind stecken, lebendig zu halten. Eine große Chance bestünde darin, dass die meisten Kinder durchaus gerne in die Volksschule gehen, die Mädchen allerdings deutlich lieber als die Buben. Die Freude an der Schule nimmt leider in der Mittelstufe deutlich ab. Der wichtigste Faktor ist eindeutig die Eigenmotivation jedes talentierten Kindes. Es hat sein Schicksal selbst in der Hand.
„Du schreibst die Geschichte deines Lebens selbst – und du kannst deine eigene Legende schaffen, oder auch nicht“, meint die chilenische Schriftstellerin Isabel Allende. Das Wichtigste für ein Kind sind entwicklungspsychologisch unumstritten die ersten drei Lebensjahre. Eine intensive emotionale Beziehung zur Mutter oder einer anderen fixen Bezugsperson prägt entscheidend die psychische Gesundheit und Stabilität der Persönlichkeit für den Rest des Lebens. Eine tiefe Verletzung des Kindes in den ersten drei Jahren lässt sich nur sehr schwer wiedergutmachen. Quelle: „Der talentierte Schüler und seine ewigen Feinde“ von Andreas Salcher
Von Hans Klumbies