Selbstregualtion sichert die eigene Handlungsfähigkeit

Nach Stevan Hobfoll, einem der führenden Stressforscher stellen Ressourcen sämtliche äußeren und inneren Bedingungen dar, die zur Erreichung von persönlich wichtigen Zielen eingesetzt werden können. Ernst-Dieter Lantermann erklärt: „Mit inneren Ressourcen sind Persönlichkeitsmerkmale, Kompetenzen und Fähigkeiten gemeint, mit äußeren Ressourcen zum Beispiel günstige finanzielle Verhältnisse, eine gesicherte Berufsposition, Gesundheit, die Eingebundenheit in ein soziales Netz und eine gute Bildung.“ Eine Reihe von Ressourcen hat sich in der Forschung immer wieder als besonders hilfreich für die Bewältigung unsicherer und belastender Anforderungen erwiesen. Zu den inneren Ressourcen zählen dabei verschiedene Kompetenzen zur Selbstregulation. Menschen mit hohen Kompetenzen zur Selbstregulation lassen sich von ihren Gefühlen nicht so leicht überwältigen, lähmen oder beeinträchtigen. Ernst-Dieter Lantermann war von 1979 bis 2013 Professor für Persönlichkeits- und Sozialpsychologie an der Universität Kassel.

Das Kohärenzgefühl verleiht Ereignissen Sinn und Bedeutung

Sie können ihre Gefühle ganz gezielt beeinflussen, Ängste abschwächen oder Langeweile in Neugier verwandeln, um auf diesem Wege ihre Handlungsfähigkeit zu sichern. Ernst-Dieter Lantermann ergänzt: „Sie haben auch gelernt, ihre Gedanken und Vorsätze gegen äußere und innere Ablenkungen konsequent abzuschirmen, um auf diesem Wege ihre Handlungsziele beharrlich verfolgen zu können.“ Eine besonders bedeutsame selbstregulative Kompetenz ist ein hohes Kohärenzgefühl.

Zum Kohärenzgefühl gehören die Möglichkeiten, inneren und äußeren Ereignissen Sinn und Bedeutung zu verleihen, das Vertrauen darin, aus eigener Kraft eine Lebensaufgabe meistern zu können, sowie die Fähigkeit, das Dasein allgemein als strukturiert und relativ vorhersehbar wahrzunehmen. Hans-Dieter Lantermann erläutert: „Menschen mit einem ausgeprägten Kohärenzsinn sind in der Lage, den Sinn von Ereignissen ihrer Umwelt zu erkennen und Dinge, die sie tun, als bedeutsam und wertvoll zu empfinden.“

Lernorientierte Menschen möchten ihr Wissen weiterentwickeln

Ein starkes Kohärenzgefühl befähigt Menschen gerade in unsicheren und belastenden Situationen, ihre Handlungen flexibel an die momentanen Umstände anzupassen und dabei ihre Ressourcen optimal auszuschöpfen. Andere innere Ressourcen beziehen sich auf die Art und Weise, wie Menschen unsicheren Ereignissen und Verhältnissen begegnen, diese interpretieren und nutzen. Zu diesen Ressourcen gehören eine hohe Ungewissheitsorientierung und Toleranz gegenüber Unsicherheiten. Ungewissheitsorientierte Personen können sich leicht auf offene, unstrukturierte Situationen mit ungewissem Ausgang einstellen.

Menschen mit einer hohen Toleranz gegenüber Ungewissheiten gehen lösungsorientiert und optimistisch mit ungewissen, wenig planbaren Situationen um. Sie sind experimentierfreudig, können sich gut auf Veränderungen einstellen und fühlen sich durch unsichere Bedingungen und Kontexte wenig belastet. Unsicherheitsintolerante Personen reagieren dagegen mit Abneigung auf unsichere und ambivalente Ereignisse und schöpfen in solchen Situationen ihre Kompetenzen und Fähigkeiten nur ungenügend aus. Eine weitere Kompetenz, die Unsicherheiten reguliert, ist ein starkes Interesse am Lernen. Lernorientierte Menschen möchten ihr Wissen und ihre Fähigkeiten weiterentwickeln und begreifen Fehler und Irrwege als Anlässe für den weiteren Ausbau ihres Könnens. Quelle: „Die radikalisierte Gesellschaft“ von Ernst-Dieter Lantermann

Von Hans Klumbies

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