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Selbstbezogenheit führt zu Selbstsucht und Stolz

Die Selbstbezogenheit eines Menschen führt ihn in mehrere unerfreuliche Richtungen. David Brooks erläutert: „Sie führt zu Selbstsucht, dem Verlangen, andere Menschen als Mittel einzusetzen, um sich Dinge zu verschaffen. Sie führt auch zu Stolz, dem Wunsch, sich allen anderen überlegen zu fühlen. Sie führt zu der Fähigkeit, die eigenen Unzulänglichkeiten zu ignorieren und zu rationalisieren und die eigenen Vorzüge zu überhöhen.“ Im Verlauf ihres Lebens vergleichen sich diese Menschen in einem fort mit anderen und fühlen sich ihnen durchweg leicht überlegen. Sie glauben, sie wären tugendhafter, hätten ein besseres Urteilsvermögen und einen besseren Geschmack. Sie streben unentwegt nach Bestätigung. David Brooks arbeitet als Kommentator und Kolumnist bei der New York Times. Sein Buch „Das soziale Tier“ (2012) wurde ein internationaler Bestseller.

Viele Menschen teilen die moralische Hierarchie des Herzens

Menschen, die nur auf sich selbst bezogen sind, reagieren höchst empfindlich auf jede Brüskierung und jeden Angriff auf den Status, den sie ihres Erachtens wohl verdient haben. Irgendeine Pervertiertheit der Natur veranlasst sie, niedrige Wünsche über höhere zu stellen. In der Regel lieben und begehren alle Menschen eine Vielzahl von Dingen: Freundschaft, Familie, Bekanntheit, Heimat, Geld und so weiter. David Brooks vermutet, dass Menschen diesbezüglich alle mehr oder minder die gleiche Rangordnung der Werte haben.

Fast alle Menschen wissen, dass die Liebe zu den ihren Kindern oder Eltern höher rangieren sollte als die Liebe zum Geld. David Brooks ergänzt: „Wir alle wissen, dass uns die Liebe zur Wahrheit wichtiger sein sollte als die Liebe zur Popularität.“ Selbst im Zeitalter der Relativismus und Pluralismus ist die moralische Hierarchie des Herzens etwas, dass die Menschen im Allgemeinen teilen, zumindest meisten. Aber oftmals verstoßen sie gegen diese Rangordnung moralischer Werte. Menschen, die um ihre Charakterschwächen wissen, werden moralische Realisten genannt.

Das Leben kann eine moralische Abenteuergeschichte sein

Moralische Realisten gehen davon aus, dass alle Menschen aus krummem Holz gemacht sind – entsprechend dem berühmten Diktum von Immanuel Kant: „Aus dem krummen Holz, als woraus der Mensch gemacht ist, kann nichts ganz Gerades gezimmert werden.“ Menschen, die diese Sicht der menschlichen Natur als eines krummen Holzes teilen, sind sich ihrer eigenen Fehler deutlich bewusst und glauben, dass sich der Charakter im Ringen mit der eigenen Schwäche bildet. In den Tagebüchern dieser Menschen finden sich Belege für ihr inneres Ringen.

Sie frohlocken an den Tagen, an denen sie einen kleinen Sieg über Selbstsucht und Hartherzigkeit errungen haben. Sie sind bedrückt an jenen Tagen, an denen sie sich selbst enttäuschen, an denen sie aus Faulheit oder Erschöpfung eine wohltätige Handlung unterlassen oder sich nicht um eine Person kümmern, die auf ihre Hilfe wartet. Sie sehen das Leben eher als eine moralische Abenteuergeschichte. Der britischen Schriftsteller Henry Fairlie formulierte es folgendermaßen: „Wenn wir zugeben, dass unsere Neigung zur Sünde Teil unserer Natur ist und wir diese niemals völlig ausmerzen können, können wir in unserem Leben zumindest etwas tun, damit dieses am Schluss nicht einfach nur vergeblich und sinnlos erscheint.“ Quelle: „Charakter“ von David Brooks

Von Hans Klumbies

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