Philipp Hübl stellt Metaphern der Liebe vor
Liebe ist als Gefühl mysteriös, unsichtbar und daher schwer zu fassen. Neben der Metapher „Liebe ist Krieg“ gibt es auch die andere „Liebe ist Kraft“. Verliebte spüren ein Knistern in der Luft, eine Elektrizität der Anziehung, vielleicht sogar eine Magie. Dann gibt es noch eine dritte Metapher: „Liebe ist eine Reise“: man kommt zusammen und geht dann miteinander. Philipp Hübl ergänzt: „Manche Paare bestreiten schwere Strecken gemeinsam, bis sich die Wege trennen.“ Besonders Hochzeitssprüche sprudeln aus diesem nie versiegenden Quell der Bildhaftigkeit: erste Schritte Seite an Seite, dann lange gemeinsame Reise, natürlich am besten ohne Abstecher. Bei der Kriegs-Metapher der Liebe geht es um das merkwürdige Verhalten geschlechtsreifer Großstädter zur Paarungszeit, was Biologen Balz nennen. Philipp Hübl ist Juniorprofessor für Theoretische Philosophie an der Universität Stuttgart.
Eine Diskussion ist einfach eine Interaktion
Die Kraft-Metapher versinnbildlicht eher das Gefühl des Verliebtseins, dem man passiv wie einer Naturgewalt ausgeliefert ist. Die Reise-Metapher hingegen veranschaulicht eine Partnerschaft. Im Idealfall gehört all dies zusammen, doch die Elemente sind voneinander trenn- und beliebig verknüpfbar. Wenn man solche Unterschiede erkennt, dann versteht und analysiert man Liebe unabhängig von den Metaphern. Nur deshalb kann man sagen, welche Metapher für welchen Aspekt am besten passt.
Philipp Hübl weist darauf hin, dass auch die Metapher „Diskutieren ist Krieg“ existiert: „Wir streiten mit Worten, wir greifen eine Position an, verteidigen unseren Standpunkt, begeben uns in einen Schlagabtausch, attackieren unhaltbare Thesen und fürchten das Totschlagargument.“ Seiner Meinung nach ist aber eine Diskussion einfach eine Interaktion, die manchmal einem Spiel, manchmal einem Sport und manchmal einen Kampf ähnelt. Das hängt von den Teilnehmern und den Themen ab, nicht von den Worten.
Meistens denken Menschen geradlinig
Metaphern helfen den Menschen auch manchmal beim Denken. Jede Metapher arbeitet mit einer Analogie. Gerade in der Wissenschaft finden sich unzählige Beispiele für das kreative Potential bildhaften Denkens. Umgekehrt eignen sich Metaphern und andere bildhafte Modelle gut als Gedächtnisstützen. Deshalb sind sie beispielsweise in der Politik so beliebt, weil sie Merkzettel sind, die ihre Einrahmung gleich mitbringen. Meist denkt man allerdings geradlinig und ohne Sprachbilder. Es gibt sogar Forscher, die behaupten, dass die Sprache das gesamte Denken oder die Weltsicht eines Menschen festlegt.
Die Anhänger der „sprachlichen Relativitätstheorie“ glauben, dass das Denken oder wahlweise die Wahrnehmung eines Menschen, sein Wissen oder sein Weltbild von seiner Muttersprache abhängt. Die weitverbreitete Gegenthese geht davon aus, dass Denken unabhängig von der Sprache abläuft und man alle Gedanken in allen Sprachen ausdrücken kann. Der bekannteste Vertreter dieser Richtung ist Noam Chomsky. Die Relativitätsthese hingegen meint, die Sprache sei das Medium der Gedanken. Quelle: „Der Untergrund des Denkens“ von Philipp Hübl
Von Hans Klumbies