Niemand kann sich bei Burnout aus der Verantwortung stehlen
Eine Gesellschaft, in der die Ethik ein Schattendasein führt, wendet emotionalen Druck an, um schwache Menschen zu eliminieren. Alexander Goebel erklärt: „Diese unausgesprochene Vereinbarung ist ein Wesensmerkmal kollektiver Verdrängung.“ Burnout hat eine perfekte Assistentin, nämlich die Scham. Betroffene wollen weder sich noch irgendjemand anderem gegenüber und schon gar nicht ihren Vorgesetzten eingestehen, dass sie überhaupt ein Problem haben. Sie wollen nicht darüber sprechen, geschweige denn Veränderungen einfordern, nicht bei sich und nicht beim Unternehmen. Alexander Goebel stellt fest: „Aber wer unter Burnout leidet, ist in den Augen vieler nicht mehr belastbar, persönlich abgewirtschaftet, kein Asset mehr, ein Fall für gesellschaftlichen Sondermüll.“ Die Umgebung bewegt sich auch nicht, da die Angst um die eigene Position schwerer wiegt als das Mitgefühl. Alexander Goebel ist seit 40 Jahren erfolgreich im Emotionsgeschäft unterwegs.
Mitgefühl entsteht erst durch wirtschaftlichen Schaden
Niemand kümmert sich um das Wohl der Mitbewerber, jeder sorgt nur für sich selbst. Zynismus schlägt Solidarität und Einzelkampf schlägt Kooperation. Es besteht in sehr vielen Organisationen zwar eine klare Haltung zu Burnout, aber außer der deklarierten Einsicht, dass diese Krankheit schlecht ist, steht man dem Dämon der stillen Verzweiflung schulterzuckend gegenüber. Alexander Goebel fügt hinzu: „Mitgefühl und Veränderung setzten erst dann an, wenn die Symptome bereits ausgebrochen sind und wirtschaftlichen Schaden angerichtet haben, vorher wird lieber nicht gefragt.“
Die Offenbarung eines Notstands ist die Basis für eine Veränderung. Niemand kann sich beim Thema Burnout aus der Verantwortung stehlen, weder Unternehmen noch Politik oder Gesellschaft. Firmen müssen sich philosophisch und betrieblich neu positionieren, um die Symptome von Burnout zu behandeln, funktionierende Maßnahmen zur Prävention zu installieren und irgendwann das Problem komplett zu eliminieren. Es geht hier vor allem um Unternehmenskultur. Therapien sind einzigartig und hochsensibel, so wie ihre Ursachen.
Apple-Produkte sprechen stark die Emotionen an
Alexander Goebel erläutert: „Burnout ist im künstlerischen Beruf leider ebenso normal wie in allen anderen Sparten. Freude und Leidenschaft, die mit dem künstlerischen Beruf assoziiert werden, sind insofern überschätzt, als sie niemanden vor der Burnout-Falle schützen.“ Ja sie können sogar verstärkend wirken, weil der selbst auferlegte emotionale Druck dadurch größer wird. Wenn man eine Dienstleistung oder ein Produkt bewertet, sind unbedingt die emotionalen Leistungen mit einzubeziehen.
An dieser Stelle erwähnt Alexander Goebel einmal mehr Steve Jobs, der von jeher und unglaublich konsequent darauf bestanden hat, dass Produkte von Apple nicht nur praktisch und funktionssicher sind, sondern auch schön und ästhetisch ansprechend, und zwar egal, was dies an Mehrkosten verursacht. Denn ein Sparen an der falschen Stelle kann die Emotionen verkürzen. Es kann sich für ein Unternehmen fürchterlich rächen, wenn es die emotionalen Dimensionen seines Produkts unterschätzt oder gar nicht wahrnimmt. Quelle: „Gute Gefühle“ von Alexander Goebel
Von Hans Klumbies