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In jeder Ehe gibt es Beziehungstänze

Jedes Paar entwickelt Beziehungstänze. Im Laufe der Jahre können sich Interaktionen, die einst frisch und sogar überraschend waren, durch Wiederholung abnutzen. Shirley P. Glass stellt fest: „Sogar die Kinder können mit einiger Genauigkeit voraussagen, was Mama und Papa sagen und tun werden.“ Der Vorteil feststehender Handlungsschema liegt in ihrer Vertrautheit. Der Nachteil ist, dass die Abläufe unflexibel und unnachgiebig werden können. In einer bereichernden Beziehung nehmen gegensätzlich Eigenschaften, die vielleicht Teil der anfänglichen Anziehung waren, in dem Maß ab, in dem die Partner sich ähnlicher werden. In einer sich verschlechternden Beziehung werden die Unterschiede zwischen den Partnern extremer. Zudem beschleunigen sich negative Kreisläufe. Dr. phil. Shirley P. Glass war niedergelassene Psychologin und Familientherapeutin. Sie starb im Jahr 2003 im Alter von 67 Jahren an einer Krebserkrankung.

Auch Heilige und Sünder tanzen den Beziehungstanz

In manchen Ehen haben sich in zentralen Angelegenheiten Beziehungen zwischen Elternteil und Kind entwickelt. Diese Art von Tanz kann sich in einer Vielzahl interaktiver Muster äußern. Der „Kind-Partner“ bewundert möglicherweise nicht nur das hohe Ansehen, dass der andere Partner in Außenbeziehungen genießt, sondern ärgert sich auch darüber. Der Partner, der die Rolle des Elternteils übernimmt, beneidet das „Kind“. Vielleicht um die Freiheit und den Mangel an Verantwortung, die es zu genießen scheint.

Jeder der Partner beginnt vielleicht, sich in einer sexuellen Beziehung mit einem Gegenüber, das kindlich beziehungsweise elterlich erscheint, unwohl zu fühlen. Die Beziehung fühlt sich für sie inzestuös an. Bei dem Beziehungstanz, den Heilige und Sünder tanzen, ist der Tugendbold bestrebt, den wilden Partner auf den rechten Weg zu bringen. Beim Beziehungstanz eines Tyrannen und eines Duckmäusers verhält sich der eine Partner wertend und einschüchternd. Der andere verlegt sich währenddessen auf Ausflüchte.

Ein Rückzug der Frau zeugt von großen Eheschwierigkeiten

Bei diesen Beziehungstänzen hat der eine Partner ein Anliegen, dessen Ausführung der andere verzögert oder vermeidet. Wenn der begründete Wunsch sich zum einem Befehl steigert, weitet sich die subtile Vermeidung zu offenem Widerstand aus. Keiner gewinnt und jeder verliert – besonders die Beziehung. Einer der gängigsten Beziehungstänze ist der zwischen Verfolger und Distanz-Wahrer: Dabei ist es die Frau, die emotionale Verbindung sucht, während der Mann, um Konflikte zu vermeiden, sich distanziert, indem er sich auf körperlicher oder emotionaler Ebene entzieht.

Shirley P. Glass erklärt: „Es entsteht ein Teufelskreis, wenn die vom Ehemann ignorierten Bitten der Frau diese veranlassen, ihre Verfolgung noch zu verstärken. Sein Rückzug löst bei der Ehefrau Gefühle des Verlassenwerdens aus und sie greift ihn mit Kritik und Verachtung an … und so geht der Kreislauf weiter.“ Solange Frauen sich über mangelnde emotionale Nähe beschweren, fühlen sie sich ihrer Ehe noch verpflichtet. Wenn sich die Frau zurückzieht, ist das ein erstes Anzeichen dafür, dass die Ehe in großen Schwierigkeiten steckt. Quelle: „Die Psychologie der Untreue“ von Shirley P. Glass

Von Hans Klumbies

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