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In einem akuten Konflikt fügen sich die Partner wechselseitig Gewalt zu

Körperliche Gewalt von Männern gegenüber ihren Partnerinnen ist seit Jahrzehnten ein Thema in der Öffentlichkeit, und seit dem gleichen Zeitraum gibt es Bemühungen, die Opfer besser zu schützen; unter anderem entstanden in vielen Städten Frauenhäuser als Zufluchtsort. Es scheint klar: Gewalt in Paarbeziehungen ist Gewalt gegen Frauen. Hans-Peter Nolting stellt fest: „Nach der Polizeistatistik, die auf Anzeigen beruht, also im sogenannten Hellfeld, wird diese Asymmetrie durchaus bestätigt.“ Ganz anders sieht es hingegen aus, wenn Wissenschaftler das Dunkelfeld erforschen. Diese Studien kommen gleichweg zu demselben Ergebnis: Gewalt von Frauen gegen Männer kommt nicht nur gelegentlich vor, sondern ist insgesamt etwa genauso häufig wie Gewalt von Männern. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

Die meisten Männer verzichten auf eine Anzeige

Größtenteils ist das schon daraus zu erklären, dass sich im akuten Konflikt die Partner wechselseitig Gewalt zufügen. Die Verletzungen, die von Männern ausgehen, sind allerdings meist schwerwiegender. Warum taucht der geprügelte Ehemann nicht in der Polizeistatistik auf? Weil die allermeisten Männer auf eine Anzeige verzichten. Denn auch sie unterliegen dem Stereotyp von Männlichkeit und schämen sich ihrer Schwäche. Zudem fürchten sie die Folgen einer Anzeige, die er Kriminologe Michael Bock wie folgt zusammenfasst.

Michael Bock sagt: „Man glaubt ihnen nicht, und sie werden ausgelacht. Hilfseinrichtungen gibt es nicht. (…) Bei Polizei und Gerichten erregen sie erst einmal den Verdacht, selbst provoziert, selbst Gründe geliefert, selbst tyrannisiert zu haben.“ Dies sind nur einige Gründe dafür, dass das Vorurteil „Frauen sind immer Opfer, Männer sind immer Täter“ sich gegen alle Fakten so hartnäckig halten kann. Auch die Medien spielen hier eine unrühmliche Rolle, indem sie bis auf seltene Ausnahmen einseitig Gewalt gegen Frauen zum Thema machen und Gewalt gegen Männer schlicht ignorieren.

Sexuelle Gewalt ist tatsächlich ein männliches Phänomen

Im häuslichen Bereich sind die Unterschiede zwischen den Geschlechtern überhaupt ziemlich gering. Hier verüben nämlich Männer und Frauen nicht nur gegeneinander etwa gleich viel körperliche Gewalt, sondern ebenso gegenüber den Kindern, von harten Erziehungspraktiken bis zu regelrechten Misshandlungen. Die Unterschiede liegen in äußerlichen Bereichen. Ein weiteres Kriterium für den Geschlechtervergleich sind die Motive für aggressives Verhalten. Vergleicht man die Geschlechter auf der Ebene der Verhaltensformen, so ist der Unterschied im Ausmaß verbaler Aggression eher gering.

Hans-Peter Nolting stellt fest: „Während körperliche Gewalt in der Paarbeziehung von Männern und Frauen etwa gleich häufig verübt wird, sind die Unterschiede durchaus deutlich bezüglich sexueller Gewalt und sexuellem Missbrauch.“ Das Erzwingen sexueller Handlungen durch Anwendung oder Androhung von Gewalt, durch die Ausnutzung der eigenen Autoritätsposition oder der Wehrlosigkeit des Opfers – solche sexuelle Aggression ist tatsächlich ein männliches Phänomen. Meist richtet sich gegen die eigene Partnerin oder eine andere Person aus dem eigenen Verwandten- und Bekanntenkreis. Quelle: „Psychologie der Aggression“ von Hans-Peter Nolting

Von Hans Klumbies

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