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Viele Menschen kennen ihre Emotionen nicht

In seinem Konzept baute Daniel Goleman auf der Definition der „emotionalen Intelligenz“ von Peter Salovey und John D. Mayer (1990) auf, die vier bis fünf wesentliche, darin enthaltene Fähigkeiten benannten. Heidi Kastner erläutert: „Zum ersten die Fähigkeit, die eigenen Emotionen zu erkennen. Wer nicht in der Lage ist, sein Gefühl vorerst einmal neutral und wertfrei zu erkennen und zu benennen, kann in weiterer Folge nicht darüber nachdenken und kann die in Emotionen enthaltene Botschaft – von uns an uns selbst – nicht entschlüsseln.“ Da Menschen in Begrifflichkeiten denken, brauchen sie auch Begrifflichkeiten, um über Sachverhalten oder Emotionen reflektieren zu können. Es ist oft erstaunlich, aber auch aufschlussreich, wie wenig Menschen in der Lage sind, ihr Befinden zu beschreiben und ihren Befindlichkeiten zutreffend Ausdruck zu verleihen. Heidi Kastner ist Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie. Seit 2005 ist sie Chefärztin der forensischen Abteilung der Landesnervenklink Linz.

Die deutsche Sprache kennt viele Wörter für belastende Befindlichkeiten

Wenn Heidi Kastner Menschen wegen eines gravierenden Delikts begutachtet und sie fragt, wie sie sich unmittelbar davor gefühlt haben, ist die häufigste Antwort „nicht gut“. Heidi Kastner ergänzt: „Die Bitte, dieses „nicht gut“ näher zu definieren, führt meist zu Unverständnis, zu einer Beschreibung der Umstände – aber nicht des Gefühls – oder mehreren Wiederholungen von „nicht gut“.“ Gelegentlich wird auch die Formulierung „depressiv“ verwendet.

Dabei handelt es sich um eine im allgemeinen Sprachgebrauch angekommene Vokabel, die für alle möglichen Zustände, die mit Depression rein gar nichts zu tun haben. Das muss dann wieder genauer definiert werden, aber nur ganz selten kommt es dabei einer nachvollziehbaren Präzisierung. Heidi Kastner stellt fest: „Nicht nur die deutsche Sprache kennt unterschiedlichste Wörter für belastende, unangenehme Befindlichkeiten. Man kann traurig sein, wütend, gekränkt, verletzt, wehmütig, verzweifelt, hoffnungslos, ohnmächtig oder verärgert.“

Es gibt Abwehrstrategien gegen unangenehme Situationen

Jedes dieses definierten Gefühle birgt Informationen darüber, was genau jetzt für einen Menschen nicht passt und sein Befinden derart stört, dass irgendeine Handlung angebracht erscheint. Allerdings kann man die sinnvollste Vorgehensweise nur dann erkennen, wenn man darüber nachdenken kann, was einem warum jetzt derart in die Quere kommt, dass ein reines Ertragen und Aussitzen unmöglich erscheint. Es gibt jedoch einige Abwehrstrategien, um eine solche Situation wieder in den Bereich des Handhabbaren zu rücken.

Darunter fallen die Entwertung des Auslösers, Relativierung, für Fortgeschrittene auch: Erkenntnis eigener Anteile am unvorteilhaften Zustand. Diese können laut Heidi Kastner jedoch nur greifen, wenn man gedanklich den Schritt von „nicht gut“ und „es hat nicht gepasst“ zu „es kränkt mich, dass sie/er Vereinbarungen meist nicht einhält, weil ihm/ihr meine Prioritäten offenbar unwichtig sind, weil ich ihm/ihr anscheinend unwichtig bin gehen kann.“ Quelle: „Dummheit“ von Heidi Kastner

Von Hans Klumbies

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