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Große Umbrüche führen zu besonderer Erregung

Es entspricht der Logik der Gefühle, dass permanente Vergnügungen sich abnutzen und permanente Entbehrungen ihre Schärfe verlieren. Das gilt auch für die Liebe. So zeigen zum Beispiel Studien, dass die Häufigkeit sexueller Kontakte mit einem Partner umso mehr sinkt, je länger eine Beziehung besteht. Nach einem Jahr Ehe ist die sexuelle Frequenz in der Regel nur noch halb so groß wie im ersten Ehemonat, danach sinkt sie langsamer. Der Gefühlsforscher Aaron Ben-Ze`ev stellt fest: „Das mag man zwar bedauern, aber so funktioniert nun einmal unser emotionales System.“ So sei etwa ein gewisses Maß an Veränderung die Voraussetzung für Glücklichsein. Besondere Erregung spüren Menschen immer bei großen Umbrüchen im Leben. Ulrich Schnabel nennt Beispiele: „Bei einer Hochzeit, der Geburt eines Kindes, bei einem neuen Job, aber auch bei einer Trennung oder Scheidung.“

Die Psyche ist nicht auf dauerhaftes Glück ausgelegt

Aus emotionaler Sicht ist dabei weniger das Ereignis an sich entscheidend, sondern der Grad der Veränderung, der damit einhergeht. Vielleicht ist das mit ein Grund dafür, weshalb viele Menschen ihre Ehe im Laufe der Zeit als langweilig empfinden und sich in Liebesaffären stürzen – sie wollen endlich wieder einmal jene aufregenden Gefühle erleben, die den Anfang ihrer Ehe kennzeichneten. Ähnliches gilt für Reichtum und materiellen Besitz. Diese vermitteln vor allem dann Glücksgefühle, solange damit eine positive Veränderung einhergeht, solange man also neuen Reichtum oder Besitz hinzugewinnt.

Wenn man dagegen irgendwann reich ist und alles besitzt, was man sich wünscht, gewöhnt man sich alsbald daran, und das erhoffte Glück schwindet unaufhaltsam dahin. Ulrich Schnabel stellt fest, dass die menschliche Psyche nicht für dauerhafte Glücksgefühle ausgelegt ist. Vielmehr wird ein Mensch leicht Opfer der sogenannten Verlustaversion, die Daniel Kahneman nachgewiesen hat. Das menschliche Gehirn gewichtet den Schmerz über einen Verlust stärker als die Freude über einen vergleichbaren Gewinn.

Glücksgefühle lassen sich nicht konservieren

Das führt dazu, dass mit zunehmenden Wohlstand in der Regel auch die Angst zunimmt, das Erworbene wieder zu verlieren. Glücksgefühle lassen sich nicht konservieren, schon gar nicht durch Wiederholung. Das gilt nicht nur für große Umbrüche, sondern auch für das ganz alltägliche Erleben. Zum Glück gilt dieser Mechanismus nicht nur für erfreuliche Gefühle, sondern auch für alle unerfreulichen. Selbst die größte Trauer schwächt sich allmählich ab und kann sich am Ende sogar in etwas Positives verwandeln.

Ulrich Schnabel betont: „Emotionen sind eben nie statisch, sondern immer Begleiterscheinungen des Wandels – im Guten wie im Schlechten.“ Wer also ständig das große Glücksgefühl sucht, sollte sein Glück nicht an äußeren Faktoren festmachen, sondern sich auf häufigen Wandel einstellen. Denn nur die Veränderung garantiert eine entsprechende Glücksintensität. Gefühle können Menschen sogar zu ethisch hochstehenden Handlungen motivieren, die jenseits des menschlichen Verstandeshorizontes liegen. Quelle: „Was kostet ein Lächeln?“ von Ulrich Schnabel

Von Hans Klumbies

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