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Gefühle müssen glaubwürdig sein

Durch Liebe und Bewunderung kann man anderen Menschen bekunden, dass man ihnen zur Seite steht und für sie da ist. So kann man deren Verhalten einem selbst gegenüber positiv beeinflussen. Eyal Winter erklärt: „Gefühle müssen glaubwürdig sein. Zumindest in einem gewissen Maß, wenn sie uns dabei helfen sollen, glaubhafte Bindungen einzugehen.“ Manche Menschen können Emotionen überzeugend „schauspielern“. Doch statistisch kommt dies in der Allgemeinbevölkerung eher selten vor. Wenn alle Menschen ihre Emotionen vollkommen vortäuschen könnten, bestünde überhaupt nie ein Grund, ernsthaft auf die Gefühlsreaktionen anderer einzugehen. Es gäbe dann keinen evolutionären Vorteil für authentische emotionale Reaktionen. Nicht jede emotionale Reaktion, die ein Mensch zeigt, hat eine rationale Basis. Eyal Winter ist Professor für Ökonomie und Leiter des Zentrums für Rationalität an der Hebräischen Universität von Jerusalem.

Rationale Gefühle benötigen keine Raffinesse

Genau genommen fehlt den meisten Gefühlsreaktionen eine rationale Grundlage. In vielen Fällen könnten die Emotionen einem Menschen möglicherweise schaden. Die Fähigkeit, Gefühle strategisch einzuspannen, ohne dass man sich dessen überhaupt bewusst ist, ist für Eyal Winter eine wunderbare menschliche Eigenschaft. Meist erfordert der Einsatz rationaler Gefühle keinerlei Raffinesse. In der Tat schneiden hier Kinder häufig besser ab als Erwachsene. Selbst vollkommen spontane Emotionen werden in entscheidender Weise durch äußere Gegebenheiten beeinflusst.

Man kann für einen bestimmten Menschen unter gewissen Umständen Empathie oder Sympathie empfinden, unter anderen Umständen jedoch Verachtung oder Groll. Rationale Emotionen werden als Taktik besonders häufig beim Handeln und Verhandeln eingesetzt. Eyal Winter stellt fest: „In vielen ganz alltäglichen Verhandlungssituationen lassen sich Emotionen wie Rage und Hohn, aber auch Mitgefühl ausmachen. Sie beeinflussen die relative Verhandlungsstärke des Verhandlungsführers.

Kontrollierte Emotionen erleichtern Verhandlungen

Beim Verhandeln sind die Menschen ungleich begabt. Manche Unterschiede im Verhandlungsgeschick rühren daher, dass nicht jeder Mensch rationale Emotionen gleich gut hervorrufen und steuern beziehungsweise beim Gegenüber erkennen und deuten kann. Wer verhandelt, hat Vorteile, wenn er in maßvoller Weise emotionale Reaktionen mit einbezieht. Ebenso wichtig ist es jedoch, diese Gefühle zu kontrollieren und zu regulieren. So manche Verhandlung scheitert, obwohl für beide Seiten eine vorteilhafte Einigung offensteht und sogar greifbar ist.

Dies geschieht gewöhnlich, wenn eine der Parteien oder beide sich auf eine Position versteift und an eine emotionsbedingte Selbstverpflichtung gebunden fühlt, die für die Gegenseite inakzeptabel ist. Eyal Winter nennt die chronischen Krisen bei den Friedensverhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern als treffendes Beispiel für dieses Phänomen. Statt dass Emotionen den Verhandlungen dienen, beherrschen sie diese. Dann werden die Bekundungen von Ressentiments und Misstrauen übermächtig und vereiteln jeden Versuch, einen annehmbaren Kompromiss zu finden. Quelle: „Kluge Gefühle“ von Eyal Winter

Von Hans Klumbies

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