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Ein Kind kann nur in der Gemeinschaft existieren

Die Gemeinschaft setzt laut Alfred Adler eine Anzahl von Forderungen und beeinflusst dadurch alle Normen und Formen des Lebens eines Menschen, somit auch die Entwicklung seines Gehirns. Bei der langsamen Entwicklung des Kindes lässt sich feststellen, dass an die Entfaltung menschlichen Lebens nur gedacht werden kann, wenn eine schützende Gemeinschaft vorhanden ist. Das Kind, das so sehr der Hilfe der Gemeinschaft bedarf, findet sich einer Umgebung gegenüber, die nimmt und gibt, fordert und erfüllt. Es sieht sich mit seinen Trieben vor gewissen Schwierigkeiten, deren Überwindung ihm Pein verursacht.

Die Verzweigungen im Seelenleben des Kindes

In der Seele des Kindes entsteht im Lauf der Zeit ein Strom von Sehnsucht, zu wachsen, um gleich oder stärker zu sein wie andere, jene zu überragen, die sich um das Kind gesammelt haben und mit ihm so umgehen, als ob es hier eine Unterordnung gäbe, die sich aber doch vor der Schwäche des Kindes beugt, so dass dieses zwei Operationsmöglichkeiten hat: Einerseits sich mit jenen Mitteln durchzusetzen, die es bei den Erwachsenen als Mittel ihrer Macht fühlt, andererseits seine Schwäche darzustellen, die von den anderen als unerbittliche Forderung empfunden wird.

Diese Verzweigung menschlicher Seelenregungen wird es bei Kindern immer wieder geben. Für Alfred Adler beginnt schon hier die Ausbildung des menschlichen Typs. Die Schwierigkeiten, mit denen das Kind in der Entwicklung seines Seelenlebens zu kämpfen hat und die fast regelmäßig zur Folge haben, dass es sein Gemeinschaftsgefühl nur äußerst mangelhaft entwickeln kann, kann man in solche einteilen, die aus der Mangelhaftigkeit der Kultur stammen und sich in der ökonomischen Situation der Familie und des Kindes äußern werden. Ferner in solche, die sich aus Mängeln körperlicher Organe ergeben.

Nur geliebte Kinder können als Erwachsene wirklich lieben

Die durch eine Unterentwicklung der Organe bedingten Schwierigkeiten sind laut Alfred Adler außerordentlich häufig. Es besteht wohl die Möglichkeit, dass sich im Laufe der Zeit von selbst ein Ausgleich einstellt, ohne dass ein dauernder Schaden zurückbleibt. Alfred Adler stellt die These auf, dass ähnliche Schwierigkeiten entstehen können, wenn die Zärtlichkeit der Angehörigen des Kindes unter einem bestimmten Maß bleibt. Auch dieser Umstand kann für die Entwicklung des Kindes bedeutsame negative Folgen haben.

Seine Haltung wird dann dadurch beeinflusst, dass es die Liebe nicht kennen lernt und keinen Gebrauch davon zu machen versteht, weil sich sein Zärtlichkeitstrieb nicht entfaltet. Es wird zum Bestand des Wesens eines solchen Menschen werden, zärtlichen Regungen und Beziehungen im Erwachsenenalter auszuweichen. Lieblosigkeiten, die im großen und ganzen in eine harte Erziehung übergehen, die sich über alle Zärtlichkeitsregungen hinwegsetzt, bewirken, dass sich solche Regungen des Kindes verstimmt, verbittert und erschreckt in sich verschließen. Für Alfred Adler besteht kein Zweifel daran, dass es die auf den Menschen einstürmenden Eindrücke der Umgebung sind, die die Haltung des Säuglings und später des Kindes und des Erwachsenen zum Leben auf das Nachhaltigste beeinflussen.

Von Hans Klumbies

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