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Die Sehnsucht nach Stille ist weit verbreitet

Kaum irgendwann ist die Sehnsucht nach Stille größer als in der betriebsamen Weihnachtszeit. Doch viele sind ständig auf Durchzug und nur selten bei sich. Das stete Dabeisein, am besten mitten im Getümmel, ist kräfteraubend. In einer immer urbaneren Welt, in der sich Geräusche zu einem fortwährenden Grundrauschen verdichten, bleiben kaum noch Orte zum Innehalten. Wenn die Stille dann doch unverhofft einkehrt, ertragen sie viele Menschen kaum. Der Wiener Umweltmediziner Dr. Hanns Moshammer erklärt: „Manche sind so an ihr hektisches Leben angepasst, dass sie meinen, auch diese ständige zunehmende Informationsflut von außen zu benötigen, um weiterhin die nötige Stimulation zu erhalten.“ Diese Hektik führt aber langfristig zu Erschöpfung. Bis weit in das 19. Jahrhundert stammten mehr als zwei Drittel aller Geräusche aus der Natur, heute ist ein vergleichsweise großer Anteil zivilisationsbedingt.

Lärm ist das zweitgrößte Gesundheitsrisiko

Die permanente Gleichzeitigkeit vieler unterschiedlicher Geräusche führt dazu, dass sich die Wahrnehmung eines Menschen kaum noch auf jedes einzelne konzentrieren und das Gehörte sinnvoll ordnen kann. Das Dauerfeuer ermüdet und stresst enorm. Die Weltgesundheitsorganisation WHO erachtet Lärm nach der Luftverschmutzung als das zweitgrößte Gesundheitsrisiko. Permanenter Lärm schädigt nicht nur das Gehör, er gilt auch als Stresserzeuger und damit als Mitverursacher von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruck und Depressionen.

Und oft scheint nicht die Stärke der Geräusche, sondern die subjektive Wahrnehmung der Geräusche den Grad des Stresses zu bestimmen. Stillsein heißt, ganz bei sich zu sein. Prof. Dr. Dr. Johannes Huber weiß um die Kraft des Schweigens und wie sehr man sie auch für die körperliche und mentale Gesundheit braucht. Immer mehr Menschen sehnen sich nach Stille und sind bereit, viel zu tun, um endlich Ruhe zu haben. Damit wächst auch der Markt für Stille-Angebote ständig an. Darunter Stille-Exerzitien, Klosterurlaube und schweigsame Wanderungen.

Viele Menschen reagieren angstvoll auf Stille und innere Stimmen

Stille kann aber auch sehr verwirren. Wenn die äußeren Stimmen leiser werden, schreien die inneren umso lauter. Vor allem bei jenen, deren Gemüt nur selten zur Ruhe kommt. Denn kaum hat sich die Sehnsucht erfüllt, berichten viele, wie angstvoll sie auf Stille und innere Geräusche reagieren. Manche können gar nicht ohne Geräusche leben, die für sie „Leben“ vermitteln – so etwa viele alleinstehende Menschen, die den ganzen Tag Fernseher und Radio laufen lassen, um sich nicht einsam zu fühlen.

Wer sich allerdings darauf einlässt, wird in den stillen Stunden auch ein Stück neue Langsamkeit und Achtsamkeit für die kleinen Dinge des Lebens entdecken, die Begegnungen mit sich selbst, den eigenen Ängsten und Hoffnungen, denen er sich in der Stille erst richtig stellen kann. Einen schalltoten Raum empfindet man dagegen als unheimlich. Hanns Moshammer erläutert: „Wir Menschen orientieren uns an Geräuschen. All diese akustischen Informationen fehlen in dem reflexionsarmen Raum. Deshalb kann der Aufenthalt in einem schalltoten Raum eine äußerst verstörende Wirkung haben.“ Quelle: Kronen Zeitung

Von Hans Klumbies

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