Die Bindung zwischen Mutter und Kind ist extrem wichtig
Dass kleine Kindern Berührungen guttun, ist hinlänglich bekannt. Doch damit sind nicht nur die Streicheleinheiten der Eltern gemeint. Werner Bartens erklärt: „Auch bei Neugeborenen zeigt sich, dass sie von einer Massage profitieren und schneller wachsen und an Gewicht zunehmen, wenn sie nur richtig angefasst werden.“ Der umstrittene Verhaltensforscher Harry Harlow führte in den 1950er Jahren aus heutiger Sicht grausame Experimente mit jungen Rhesusaffen durch. Er trennte sie von ihrer Mutter und ließ ihnen ausreichend Nahrung und Platz zum Herumtollen und sorgte für etliche andere Annehmlichkeiten. Den Affen fehlte es an nichts, außer dass sie keinen Kontakt zu ihrer Mutter hatten. Schon nach wenigen Wochen zeigte sich der Entwicklungsrückstand der Tiere. Werner Bartens ist Autor von Bestsellern wie „Das Ärztehasser-Buch“, „Körperglück“ und „Was Paare zusammenhält“.
Mangelnde Berührungen führen zu Essstörungen
Die Rhesusaffen wuchsen nicht richtig, wurden schneller krank, aber besonders deutlich war ihr unruhiges und auffälliges Verhalten. Innerhalb kurzer Zeit hatte der Forscher aus den Tieren psychische Wracks gemacht, auch wenn einige Wissenschaftler Harry Harlow zugutehielte, er habe deutlich gemacht, wie wichtig die Bindung zwischen Mutter und Kind ist. Zu ähnlich furchtbaren Folgen führten die Waisenhäuser im Rumänien unter dem Diktator Nicolae Ceaușescu. Die Kinder wurden teilweise an ihre Betten gefesselt und wie Tiere gehalten.
Diese Waisenkinder waren kleiner als gesunde Gleichaltrige, saßen in ihren Betten, schauten ins Leere und beruhigten sich selbst mit schaukelnden Bewegungen. Werner Bartens fügt hinzu: „Die Kinder wurden nicht angefasst und bekamen kaum emotionale Zuwendung – viele von ihnen starben. Der Entwicklungsrückstand ist eine Folge der mangelnden Berührungen.“ Wird man angefasst, vermittelt dies hingegen dem Körper: Es lohnt sich zu wachsen, denn du bist nicht allein. Mache Forscher nehmen an, dass fehlende Berührungen im Kindesalter später Magersucht und andere Essstörungen begünstigen können.
Chronische Stressreaktionen schädigen den Organismus von Kindern
Der Körper muss gehalten und berührt werden, damit er seine Grenzen erleben und wahrnehmen kann. Werner Bartens erklärt: „Passiert das nicht, kann das Empfinden für den eigenen Körper gestört werden und extreme Fettleibigkeit wie auch Auszehrung zur Folge haben.“ Unter den Überlebenden der rumänischen Waisenkinder waren etliche nicht nur geistig zurückgeblieben, sondern hatten auch nur ein eingeschränktes Gefühlsleben entwickelt, was ihnen viele Gemütsäußerungen gar nicht mehr ermöglichte.
Die Strukturen in ihrem Gehirn, die für die Verarbeitung und den Ausdruck von Emotionen zuständig sind, waren verkümmert. Auch die Immunreaktion war noch Jahre später beeinträchtigt. Obwohl die Kinder längst in stabilen Verhältnissen in Adoptivfamilien lebten, war ihr Abwehrsystem ähnlich geschwächt wie das von Jugendlichen, die körperlich missbraucht worden waren. Eine chronische Stressreaktion des Organismus kann das Lernen und Verhalten von Kindern und Jugendlichen ziemlich stark beeinträchtigen. Quelle: „Wie Berührung hilft“ von Werner Bartens
Von Hans Klumbies