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Die Moral ist in den Gefühlen verankert

David Hume beginnt ab 1743 mit der Abfassung seines dreiteiligen Werks „Ein Traktat über die menschliche Natur“. Svenja Flaßpöhler erklärt: „Grundlegend für diese Schrift ist Humes strenger Empirismus, dem zufolge nichts – und also auch nicht die Moral – ohne sinnliche Basis, ohne Erfahrung existiert.“ Mit anderen Worten: Die Moral muss in der Natur eines Menschen, in seinen Gefühlen verankert sein. In seinem Traktat stellt sich David Hume die Aufgabe, diese Verwurzelung zu verstehen: „Wie kommt es, dass wir mit anderen Menschen mitfühlen?“ Das geschieht zunächst einmal ganz einfach deshalb, so Hume, weil Menschen sich bei allen Unterschieden doch grundsätzlich ähnlich sind. Svenja Flaßpöhler fasst zusammen: „Wir fühlen, was andere fühlen, weil wir alle Menschen sind.“ Svenja Flaßpöhler ist promovierte Philosophin und Chefredakteurin des „Philosophie Magazins“.

Das Mitfühlen ist etwas geradezu Reflexhaftes

Und je mehr Menschen miteinander teilen, eine Sprache oder die Herkunft etwa, desto stärker die Empathie. Unauflöslich sind das Mitfühlen und der revolutionäre Wert der Gleichheit miteinander verschaltet. Zwar mögen die Menschen sich in Geschlecht, Aussehen, Alter et cetera unterscheiden, doch, so David Hume, eine wesentliche Gemeinsamkeit bleibt: das Menschsein. Die Gleichheit ist damit aber eben nicht eine abstrakte Größe und vor aller Erfahrung einfach gegeben, sondern man erfährt sie im Akt des Mitfühlens.

Das Mitfühlen hat nach David Hume etwas geradezu Reflexhaftes und Virales an sich. Svenja Flaßpöhler fügt hinzu: „Aufgrund des geteilten Menschseins springen Gefühle, ob positive oder negative, regelrecht vom einen zum anderen über. Wobei, wie Hume betont, zusätzliche Ähnlichkeiten wie Herkunft oder Geschlecht die Ansteckung noch steigern.“ Je homogener die Gruppen, desto stärker die Übertragung. Fast zweihundert Jahre nach Erscheinen des „Traktats“ wird der Philosoph Max Scheler diesen Gedanken aufgreifen und, anders als David Hume, die „Gefühlsansteckung“ vom Mitfühlen und Mitleiden scharf trennen.

Das Gefühl erkennt gute oder schlechte Handlungen

Die Ansteckung, so Max Scheler, habe mit Sensibilität für andere Gemütszustände im Grunde nichts zu tun, sondern sei schlicht reaktiv. Max Scheler schreibt: „Weder besteht hier eine Gefühls-Intention auf die Freude oder das Leid des anderen, noch irgendein Teilnehmen an seinem Erleben. Vielmehr ist es charakteristisch für die Ansteckung, dass sie lediglich zwischen Gefühlszuständen stattfindet, und dass sie ein Wissen um die fremde Freude überhaupt nicht voraussetzt.“

Eine These von David Hume lautet: „Der Verstand kann uns nicht sagen, ob eine Handlung gut oder schlecht ist. Einzig das Gefühl, das uns erfasst, wenn wir bestimmte Handlungen betrachten, gibt uns einen Fingerzeig.“ Man muss den Eindruck, den die Tugend hervorbringt, angenehm und den, der vom Laster ausgeht, unangenehm nennen.“ Die Erfahrung eines jeden Augenblicks muss einen Menschen davon überzeugen. David Hume schreibt: „Es gibt kein lieblicheres uns schöneres Schauspiel als eine großmütige Tat, und keines, das einem Menschen mehr Abscheu einflößt als eine grausame und verräterische.“ Quelle: „Sensibel“ von Svenja Flaßpöhler

Von Hans Klumbies

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