Die Widerwärtigkeiten des Lebens bedrohen den Menschen
Um Verantwortung für ein Fehlverhalten übernehmen zu können, muss eine Person laut Rotraud A. Perner erst wissen, was als Fehlverhalten in der jeweiligen Gesellschaft, der er angehört, definiert ist. Rotraud A. Perner ist Juristin, Psychotherapeutin, Psychoanalytikerin und absolvierte postgraduale Studien in Soziologie und evangelischer Theologie. Eines ihrer aktuellen Bücher heißt „Die reuelose Gesellschaft“ und ist im Residenz Verlag erschienen. „Wissen ist Macht“, dieser Ausspruch von Francis Bacon (1561 – 1626) wird gerne zitiert oder auch Karl Liebknecht (1871 – 1919), der sagte: „Macht ist Wissen“. Das Wissen über die eigenen Verhaltensmuster oder auch das persönliche So-geworden-Sein dagegen stößt bei den meisten Menschen auf weniger Interesse, liefert es doch kaum das Lustgefühl der persönlichen Überlegenheit. Rotraud A. Perner erklärt: „Das Erlangen des Wissens davon, wie andere handeln und wie dies bewertet wird, bedeutet Sicherheit, zumindest solange man sein eigenen Unsicherheitsgefühle nicht liebevoll integriert hat.“
Der Körper kann Schmerz und Angst nicht entbehren
Wissen vermittelt sich also über Erfahrungen. Mit integriert wird aber immer deren Bewertung, egal ob sie ausgesprochen wird oder auch nur gestisch dargestellt. Neben das Ziel, möglichst unverletzt die Katastrophen des Lebens zu bewältigen, tritt das Bestreben, solchen Widerwärtigkeiten vorbeugend begegnen zu können. Schon Sigmund Freud (1856 – 1939) hat sie beschrieben als Leid, das vom eigenen Körper her drohen kann, der, zu Verfall und Auflösung bestimmt, sogar Schmerz und Angst als Warnsignale nicht entbehren kann.
Mithilfe von Drogen kann man in eine Scheinwelt abdriften
Die Widerwärtigkeiten kommen laut Sigmund Freud auch von der Außenwelt, die mit übermächtigen, unerbittlichen, zerstörerischen Kräften gegen einen Menschen wüten kann. Weiteres Leid kann aus den Beziehungen zu anderen Personen entstehen. Sigmund Freud bezeichnete als wirksamste Methode der Beeinflussung des eigenen Organismus die chemische Intoxikation: „Die Leistung der Rauschmittel im Kampf um das Glück und zur Fernhaltung des Elends wird so sehr als Wohltat geschätzt, dass Individuen wie Völker ihnen eine feste Stellung in ihrer Libidoökonomie eingeräumt haben.“
Sigmund Freud fährt fort: „Man dankt ihnen nicht nur den unmittelbaren Lustgewinn, sondern auch ein heiß ersehntes Stück Unabhängigkeit von der Außenwelt.“ Allerdings kann man mithilfe von Drogen leicht in eine Scheinwelt abdriften. Mit dem Missbrauch solcher Substanzen werden laut Michael Musalek, Psychiatrieprofessor der Medizinischen Universität Wien, auch Depressionen bekämpft. Geht man diesen auf den ursächlichen Grund, findet man Mangel an Zuwendung, Anerkennung und persönlichen Erfolgserlebnissen.
Von Hans Klumbies