Allgemein 

Kreativität wird hoch bewertet

Allgemein besteht Einigkeit darüber, dass kreative Problemlösung häufig mit der „Erfindung einer neuen Analogie“ zu tun hat. Manchmal spricht man auch davon, das Problem werde „restrukturiert“. David Gelernter erläutert: „Wenn wir plötzlich einen Zusammenhang zwischen zwei Sachverhalten erkennen, die in unserem Sprechen oder Denken in der Regel nicht zusammen vorkommen, haben wir die Grundlage für eine neue Analogie oder einen kreativen Gedanken.“ Inspiration ereignet sich in der Mehrzahl der Fälle auf einer achselzuckenden Ebene der ganz gewöhnlichen, wenig bemerkenswerten Gedanken des Alltags. Aber vielfach hat eine wichtige Inspiration auch die gleichen bescheidenen Anfänge: eine „neue Analogie“. Indem man ein rätselhaftes Etwas mit etwas anderem vergleicht, reißt man eine Öffnung in das alltägliche Gewebe des Geisteslebens und blickt hindurch. David Gelernter ist Professor für Computerwissenschaften an der Yale University.

Eine Analogie ist immer mit einer Reflexion verbunden

Jetzt kann man über das Etwas auch unter dem Gesichtspunkt des etwas anderen nachdenken. Man kann es auf eine neue Art betrachten. Kreative Problemlösung dreht sich also um die Entdeckung und Nutzung einer neuen Analogie. Und das ist gleichbedeutend mit Erinnerung plus Reflexion. Eine kreative Entdeckung kann eine technische Errungenschaft sein, oder auch eine poetische. Um ungewöhnliche Erinnerungen in eine tatsächliche Analogie umzuwandeln, muss man sie wahrnehmen. Man muss darüber nachdenken und sich an sie erinnern – das heißt, man muss reflektieren.

Wann ein Mensch mit der Frage nach einer Information konfrontiert wird, erinnert er sich an die entsprechende Information oder an Inhalte in seinem Gedächtnis, aus denen er die Information entnehmen kann. David Gelernter fügt hinzu: „Der gleiche mentale Ablauf, der Routinefragen beantwortet, liegt auch der Erfindung neuer Analogien zugrunde – vorausgesetzt, ich nutze ihn richtig.“ Auf der anderen Seite ist Kreativität selten, und vermutlich ist sie die geistige Leistung, die viele Menschen am höchsten bewerten.

Neue Analogien führen zur Kreativität

Natürlich besteht Kreativität nicht nur aus der Erfindung von Analogien. Wichtig ist auch die Bereitschaft, die Einfälle bis an ihre äußersten Grenzen und darüber hinaus zu treiben. Wichtig ist ebenfalls, Grenzen und Regeln zu ignorieren, die sich ausschließlich auf Konventionen gründen. Eine grundlegende Voraussetzung kommt noch hinzu: das Gespür für die Eleganz und Sparsamkeit der Natur. Außerdem ist Neugier wichtig; die Fähigkeit, sich überraschen zu lassen, ist sehr bedeutend. Aber nichts ist für die Kreativität rundlegender als die Entdeckung neuer Analogien.

Wenn man des Wesen oder die Essenz einer Erinnerung oder Erfahrung – einer Person, eines Ortes, einer Szene – zusammenfassen könnte, könnte man auch jede Erinnerung mit ihrer „Essenz-Zusammenfassung“ kennzeichnen. Der leistungsfähigste Essenz-Zusammenfasser des Geistes ist das Gefühl. Zwei Gegenstände, Personen oder Ereignisse, die sich oberflächlich überhaupt nicht ähneln, können bei einem Menschen das gleiche Gefühl auslösen – oder zumindest grundsätzlich das gleiche. Quelle: „Gezeiten des Geistes“ von David Gelernter

Von Hans Klumbies

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