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In der Kriminalität spielt die Gewalt eine zentrale Rolle

Die materielle Bereicherung ist zweifellos ein häufiges Motiv für die Anwendung von Gewalt. Vor allem im Bereich der Kriminalität, sowohl der individuellen als auch der organisierten, spielt sie eine zentrale Rolle. Die Gewalt ist in solchen Fällen nur Mittel zum Zweck. Oft werden solche Gewaltakte kühl und kalkuliert begangen. Hans-Peter Nolting fügt hinzu: „In schwächerer Form gibt es die aggressive Bereicherung schon bei kleinen Kindern, etwa dann, wenn sie einem anderen Kind ein Spielzeug wegreißen.“ Bei Kindern geschieht das sicherlich nicht aus kalter Berechnung, sie sind eher ärgerlich. Aber ohne den erwarteten Nutzen würden sie dem Spielkameraden nicht wehtun. Dr. Hans-Peter Nolting beschäftigt sich seit Jahrzehnten mit dem Themenkreis Aggression und Gewalt, viele Jahre davon als Dozent für Psychologie an der Universität Göttingen.

Durch aggressives Verhalten soll Beachtung erlangt werden

Weiterhin kann der Zweck des aggressiven Verhaltens einfach darin liegen, in einem Konflikt seinen Willen durchzusetzen. Da es in allen Fällen darum geht, etwas zum bekommen, spricht Hans-Peter Nolting hier gerne von Erlangungsaggression. Sie ist zusammen mit der Abwehraggression eine Variante instrumenteller, zweckgerichteter Aggression. In der Psychologie nennt man sie auch proaktive Aggression, um sie von der reaktiven Ärger-Aggression abzuheben. Neben der Bereicherung mit Geld und Gütern geht es häufig auch um die Befriedigung sozialer Bedürfnisse.

So kann aggressives Verhalten beispielsweise auch dazu dienen, Beachtung zu erlangen. Hans-Peter Nolting nennt ein Beispiel: „Manche Kleinkinder brüllen, werfen sich auf den Boden oder zerstören Dinge, weil sie auf diese Weise jene Beachtung durch die Eltern erzwingen, die sie für neugieriges Fragen oder ruhiges Spiel nicht erhalten.“ Das aggressive Verhalten verschafft ihnen zwar keine freundliche Zuwendung, aber die Aufmerksamkeit ist mehr als nichts. Auch ein Stalker wünscht sich nichts sehnlicher als Beachtung – selbst eine Beschimpfung ist für ihn ein Erfolg.

Respektverschaffung ist ein weiteres Motiv für aggressives Verhalten

Ein noch größerer Gewinn als bloße Beachtung ist Anerkennung. Anerkennung zollen manche Väter ihrem heranwachsenden Sohn, der sich „nichts gefallen lässt“. In einigen Jugendgangs oder Subkulturen genießt die Achtung anderer, wer Gewalt im Dienste der eigenen Gruppe einsetzt. In allen Armeen werden die eigenen Soldaten hierfür mit Orden und Beförderungen belohnt; der Volkstrauertag hieß in Deutschland früher Heldengedenktag, und an manchen Orten der Welt werden Selbstmord-Attentäter wie Heilige verehrt.

Hans-Peter Nolting ergänzt: „Sich Respekt zu verschaffen – das ist ein weiteres Motiv für aggressives Verhalten, beispielsweise für harsches Durchgreifen oder einen bedrohlichen Kommandoton. Der Begriff des Respektes ist einerseits gleichbedeutend mit Anerkennung, andererseits meint er so etwas wie Folgsamkeit gegenüber autoritärem und einschüchterndem Verhalten.“ Die zweite Bedeutung leitet zu aggressiver Machtausübung über. Denn ein soziales Bedürfnis zur Aggressionsproblematik ist das Streben nach Macht. Quelle: „Psychologie der Aggression“ von Hans-Peter Nolting

Von Hans Klumbies

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