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Parzellierung wertet den weiblichen Körper ab

Ein Mechanismus der visuellen Abwertung des weiblichen Körpers besteht in der Parzellierung. Eva Illouz erläutert: „Die visuelle Sexualisierung schließt definitionsgemäß die Fähigkeit ein, die Sexualität vom Selbst als Zentrum der Organisation von Werten, Gefühlen und Zielen abzulösen und sich auf erotische Körperteile zu konzentrieren.“ Diese Parzellierung des Selbst verleiht den Geschlechtsmerkmalen eine eigene Handlungsmacht, die wiederum neue Weisen hervorbringt, wie man sexuelle Akteurinnen wahrnehmen kann. Die Sexualisierung tendiert also dazu, sich auf Geschlechtsmerkmale zu konzentrieren und damit den weiblichen Körper zu parzellieren. Eine solche Parzellierung ist prägend für die Art und Weise, wie Männer Frauen anblicken und sich zu ihnen ins Verhältnis setzen – wobei sie sie als „Brüste“ oder „Hintern“ oder „Beine“ sehen. Eva Illouz ist Professorin für Soziologie an der Hebräischen Universität von Jerusalem. Außerdem ist sie Studiendirektorin am Centre européen de sociologie et de science politique de la Sorbonne.

Die Sexualisierung des Körpers trennt diesen vom Selbst

Die Praxis des „Sexting“ fokussiert allein auf die Geschlechtsteile und -merkmale, die dabei nicht nur von der Persönlichkeit, sondern überhaupt von einer holistischen Körperauffassung abgelöst werden. Eva Illouz ergänzt: „Die Visualisierung und Sexualisierung des Körpers trennt diesen vom Selbst und macht ihn zum Gegenstand eines kurzen spontanen Blicks, wobei ein Organ wie der Penis zum Ziel der Interaktion wird.“ Die Männer parzellieren sich selbst, um zu signalisieren, dass sie sich der Frau als einem Bündel fragmentierter Organe nähern.

Eva Illouz schreibt: „Die Visualisierung des Selbst und das neue skopische Regime, das mit ihr einhergeht, sind Verdinglichungsprozesse, insofern sie die Möglichkeit einschließen, das Selbst in Stücke aufzuteilen und solche „Stücke“ auf dem Markt anzubieten, in dem extrem schnelle Bewertungsweisen eine Fülle an konkurrierenden aussortieren.“ Da die Sexualisierung den Körper in Geschlechtsteile parzelliert, trennt sie ihn tendenziell von anderen Quellen der sozialen Identität ab.

Die Technologie führt tatsächlich neue sexuelle Zwecke ein

Sie spiegelt und verstärkt damit die Dualität und Trennung von Körper und Selbst. Dieser Prozess steht im Zentrum der Praxis des Sexting. Hans Jonas unterscheidet zwischen vormoderner und moderner Technologie. Eva Illouz erklärt: „Für Jonas zeichnet sich die moderne Technologie unter anderem dadurch aus, dass das Verhältnis von Mittel und Zweck heute nicht mehr linear, sondern zirkulär ist.“ Neue Technologien können neue Zwecke nahelegen, schaffen, ja sogar durchsetzen, einfach indem sie ihre Machbarkeit anbieten.

Die Technologie erweitert somit unmittelbar die Ziele der menschlichen Wünsche, einschließlich der Ziele für die Technologie selbst. Eva Illouz fügt hinzu: „Wir können also sagen, dass die Technologie tatsächlich neue sexuelle Zwecke eingeführt und damit die Kommodifizierung, den Prozess der Parzellierung des Körpers und die Zirkulation von Geschlechtsteilen verstärkt hat.“ Alles deutet darauf hin, dass sich Sexualisierung und Anerkennung an den entgegengesetzten Enden des moralischen Spektrums befinden. Quelle: „Warum Liebe endet“ von Eva Illouz

Von Hans Klumbies

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