Kontrollverlust führt in einen Teufelskreis
Wenn man fragt, warum es immer wieder zu Kontrollverlusten kommt, dann sind Teufelskreise zu beobachten. Heinz-Peter Röhr weiß: „Wer unter einem Kontrollverlust oder den Folgen leidet, tendiert zur Selbstabwertung. Er macht sich Vorwürfe und redet negativ mit sich selbst.“ Durch die Selbstabwertungen wird die Psyche labilisiert. Dies ist wiederum die Basis dafür, dass es neue Kontrollverluste geben wird. Der Vorsatz, dass es so etwas nicht mehr geben wird – nie mehr –, gehört in aller Regel auch dazu. Die meisten Menschen haben das Gefühl, dass sie immer die Kontrolle über ihr Verhalten, ihr Denken und Fühlen haben. Psychologische Experimente beweisen nachdrücklich das Gegenteil. Heinz-Peter Röhr ist Pädagoge und war über dreißig Jahre lang in der Fachklinik Fredeburg/Sauerland für Suchtmittelabhängige psychotherapeutisch tätig.
Denkmuster übernimmt man unbewusst
Das subjektive Gefühl, selbstbestimmt zu leben, ist weitgehend eine Illusion, ob uns das passt oder nicht. Heinz-Peter Röhr betont: „Was wir denken, wie wir uns kleiden, was wir essen, wird von vielen Faktoren bestimmt. Wir leben in einer Zeit, in der bestimmte Denkmuster vorherrschen, die wir unbewusst übernehmen.“ Wie sehr beispielsweise Werbung manipuliert, weiß eigentlich jeder, allerdings hat dieses Wissen zum Vergnügen der Werbeindustrie keine große Wirkung. Die meisten Menschen lassen sich weiterhin „einlullen“.
Experten gehen davon aus, dass in den sozialen Medien schon jetzt die Manipulation extrem ist und zerstörerische Kräfte die Demokratie gefährden können. Was im großen Stil in der Gesellschaft passiert, gelingt auch im persönlichen Bereich. Bestimmte Auslöser können zum Kontrollverlust führen. Das gilt tragischerweise auch für Gedanken. Denn das Gehirn produziert permanent Gedanken, und man trägt es immer bei sich. Darum ist es eventuell viel schwieriger, von Gedanken, die zu Kontrollverlust führen, abstinent zu werden, zumal es einen Magneten zu geben scheint, der diese Gedanken förmlich anzieht.
Man muss die Opferrolle verlassen
Aber auch hier ist es ratsam, auf das Problem zuzugehen und genau zu erforschen, welche Auslöser dies sind, wie sie benannt werden können. Heinz-Peter Röhr ergänzt: „Sie gehören auf den Prüfstand, damit sie einer realistischen Bewertung zugänglich werden. Aus Angst vor der Angst wollen Betroffene mit den entsprechenden Auslösern möglichst nicht in Berührung kommen.“ Damit ist das eigentliche Problem beschrieben. Aber gerade die Konfrontation und die Auseinandersetzung mit dem Auslöser nimmt schon viel von der Angst.
Heinz-Peter Röhr weiß: „Ein realistischer Blick auf das Problem hilft, die Dinge anders und besser einzuordnen. Auch hier geht es darum, die Opferrolle zu verlassen und in die Täterrolle zu gelangen. Ohne, dass es zu einem Umlernprozess im Gehirn kommt, ist Veränderung nicht denkbar.“ Amygdala-Klärung nennt Heinz-Peter Röhr eine Methode, die hilft, Fehlreaktionen des Mandelkerns zu korrigieren. Sie ist ihm bei den Recherchen zum emotionalen Kontrollverlust bewusst geworden. Quelle: „Vom klugen Umgang mit Gefühlen“ von Heinz-Peter Röhr
Von Hans Klumbies