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Toleranz schließt Missbilligung mit ein

Viele Menschen denken bisweilen, der Respekt vor den aus anderen Kulturen Geflüchteten zeige sich darin, dass die Einheimischen alle Augen zudrücken. Herbert Renz-Polster ist anderer Ansicht: „Aber das ergibt keinen Sinn. Man kann tolerant sein – also etwas im Wortsinne „erdulden“ – und es trotzdem missbilligen.“ Wenn den Antisemitismus bei Flüchtlingen kritisiert, ist deshalb noch langen nicht „islamophob“. Und man ist auch kein Neuer Rechter, nur weil man auf das „sexuelle Elend der arabischen Welt“ hinweist. Und ja, man kann Schwule und Juden verstehen, wenn sie über die tief verwurzelten Homophobie oder den Antisemitismus bei manchen Geflüchteten entsetzt sind. Denn sie fragen sich, ob jetzt vielleicht „wieder alles von vorne losgeht“. Der Kinderarzt Dr. Herbert Renz-Polster hat die deutsche Erziehungsdebatte in den letzten Jahren wie kaum ein anderer geprägt.

Kinder sind tolerant

Herbert Renz-Polster weiß: „Integration kann nicht gelingen, wenn wir Menschenhass als Weltkulturerbe betrachten, nur weil es traditionell ist. Und sie kann auch nicht gelingen, wenn wir als Gesellschaft sogar an den Schulen die Segregation nach Religionszugehörigkeit fördern.“ Sollten Kinder nicht eher in der Schule gemeinsam über Religionen, Glauben und Werte diskutieren können? Wie schwierig die Integration den Deutschen offensichtlich fällt, zeigt die Bekleidungsdebatte. Im Schwimmunterricht Burkinis zu erlauben sei schlecht für die Integration.

Kinder sind tolerant. Das Problem sind die Erwachsenen. Nur mit einem hätten Kinder und Jugendliche Probleme, die auch Erwachsene haben – wenn das Gesicht verschleiert ist. Das Gesicht ist und bleibt als emotionales Kommunikationsorgan die Eintrittskarte zum menschlichen Miteinander. Und das fehlende Gesicht – bei allem guten Willen – ist ein echtes Ausschlusskriterium in fast jeder zwischenmenschlichen Hinsicht. Eine Gemeinschaft kann sich vornehmen, ihre Dinge auf Augenhöhe zu regeln.

Menschen sollten sich von Angesicht zu Angesicht begegnen

Dann wird sie aus guten Gründen darauf bestehen, dass sich in der Öffentlichkeit Menschen von Angesicht zu Angesicht begegnen. Aber warum dann, noch einmal, diese Panik vor dem Kopftuch? Braucht man etwa die Haare, um miteinander zu kommunizieren. Dann hätten viele Männer spätestens ab fünfzig ein Problem. Eine andere Erklärung erscheint hier plausibler: das Kopftuch ist womöglich einfach deshalb der große Aufreger, weil es auch da letzten Endes um kulturelle Privilegien geht, die man vielleicht verlieren könnte.

Herbert Renz-Polster regt an: „Vielleicht hilft der Blick auf das Kind hinter dem Erwachsenen aber auch, um andere Brücken zu bauen. Nämlich dort, wo es darum geht, mit den Rechtspopulisten auf einen grünen Zweig zu kommen.“ Denn die meisten Rechtsgeneigten sind umgängliche, nette Leute, auf deren Anstand man sich im Alltag voll und ganz verlassen kann. Viele von ihnen sind einfach von den Entwicklungen aufgeschreckt, und ja, das kann man ihnen zugestehen. Man muss deshalb nicht gleich den Mundschutz aufziehen, nur weil jemand die Alternative für Deutschland (AfD) gut findet. Quelle: „Erziehung prägt Gesinnung“ von Herbert Renz-Polster

Von Hans Klumbies

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