Es gibt verschiedene Formen der Einsamkeit
Lars Svendsen stellt fest: „Es kann zwischen chronischer, situationsbedingter und flüchtiger Einsamkeit unterschieden werden.“ Wie der Name besagt, ist chronische Einsamkeit ein Zustand, bei dem das Objekt aufgrund unzureichender Bindungen an andere einen anhaltenden Schmerz erlebt. Situationsbedingte Einsamkeit ist Veränderungen im Leben eines Menschen geschuldet, wenn zum Beispiel ein enger Freund oder ein Familienmitglied stirbt, ein Liebesverhältnis endet oder die Kinder von zu Hause ausziehen. Die flüchtige Einsamkeit kann Menschen jederzeit überkommen, ob sie auf einem Fest umgeben von vielen Menschen oder alleine zu Hause sind. Die situationsbedingte Einsamkeit kann durchaus intensiver sein als die chronische, weil sie einer Umwälzung im Leben geschuldet ist und eine Verlusterfahrung darstellt. Lars Frederik Händler Svendsen ist Philosoph und Professor für Philosophie an der Universität Bergen. Seine Werke wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt und mehrfach ausgezeichnet.
Die situationsbedingte Einsamkeit lässt sich überwinden
Aber gerade weil die situationsbedingte Einsamkeit, im Gegensatz zur chronischen, durch ein spezifisches Ereignis verursacht erklärt werden kann – zum Beispiel einer Scheidung oder einem Todesfall – ist es auch vorstellbar, sie zu überwinden, indem man neue Menschen findet, an die man sich binden kann. Lars Svendsen fügt hinzu: „Auf der anderen Seite kann die Verlusterfahrung so stark sein, dass es in der Realität unmöglich wird, sich neu zu binden.“
Die situationsbedingte Einsamkeit ist äußeren Umständen geschuldet. Die chronische Einsamkeit hingegen scheint ihren Ursprung in der Person selbst zu haben, weil sich Veränderungen äußerer Umstände hier wenig bemerkbar machen. Lars Svendsen erläutert: „Wir können daher vielleicht zwischen endogener und exogener Einsamkeit unterscheiden, abhängig davon, ob das Einsamkeitsgefühl seine Hauptursache im Subjekt selbst oder in den Umständen hat.“
Einsamkeit kann sowohl innere als auch äußere Ursachen haben
Es wird selbstverständlich oft schwer sein zu unterscheiden, inwieweit das Einsamkeitsgefühl endogen oder exogen ist, gerade weil von einem relationalen Phänomen die Rede ist, bei dem das Subjekt ein unbefriedigtes Bedürfnis nach Bindung an andere aufweist. Lars Svendsen erklärt: „Die Trennung verfügt aber dennoch über eine gewisse Plausibilität. Eine Person, die ein Leben lang vom Gefühl der Einsamkeit geplagt wird, unabhängig vom Zustand der Umgebungen, selbst mit einer lieben Familie und einem soliden sozialen Netzwerk, muss vermutlich in der endogenen Kategorie platziert werden.“
Umgekehrt muss eine Person, die früher keine Probleme mit Einsamkeit hatte, die aber von einem solchen Gefühl betroffen ist, nachdem sie sozial ausgeschlossen wurde, eventuell durch Mobbing, in der exogenen Kategorie platziert werden. Lars Svendsen ergänzt: „In den häufigsten Fällen wird es angebracht sein, sowohl innere als auch äußere Ursachen der Einsamkeit in die Betrachtung einzubeziehen.“ Beide Aspekte sind also erforderlich, um Einsamkeit zu erklären. Quelle: „Philosophie der Einsamkeit“ von Lars Svendsen
Von Hans Klumbies