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Es gibt zwölf Burn-out-Stufen

Auch wenn man die von Herbert Freudenberger und seiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Gail North 1974 beschriebenen zwölf Phasen im Ablauf des Burn-out-Prozesses aus der Perspektive des Betroffenen betrachtet, sieht man darin eine Reihe von Kränkungssymptomen. Reinhard Haller stellt fest: „Diese innere Sichtweise wird bei der Definition des Burn-outs über die äußeren Anforderungen, über Stress und Leistungsstreben, leicht übersehen.“ Die zwölf Burn-out-Stufen lauten: Zwang, sich zu beweisen. Verstärkter Einsatz. Vernachlässigung eigener Bedürfnisse. Verdrängung von Konflikten. Umdeutung von Werten. Verstärkte Verleugnung von Problemen. Rückzug. Deutliche Verhaltensänderung. Verlust des Gefühls für die eigene Persönlichkeit. Innere Leere. Depression. Völlige Burn-out-Erschöpfung. Prof. Dr. med. Reinhard Haller war als Psychiater, Psychotherapeut und Neurologe über viele Jahre Chefarzt einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Klinik. Heute führt er eine fachärztliche Praxis in Feldkirch (Österreich).

Kränkungen lösen immer psychischen Stress aus

Diese Phasenbeschreibung ist voll von Kränkungsbegriffen wie Zweifel, Verzweiflung, Geringschätzung, Wert- oder Hoffnungslosigkeit. Reinhard Haller erklärt: „Betrachtet man Burn-out als Ungleichgewicht zwischen Anforderungen und Ressourcen, so findet die Kränkungsthese besonders in den sogenannten „Reward-Kriterien“ ihren Widerhall.“ Sie beziehen sich durchwegs auf kränkende Faktoren wie respektlose Behandlung durch Vorgesetzte, fehlende Unterstützung, Verunsicherung durch den Dienstgeber, Angst um den Arbeitsplatz oder unfaire Entlohnung. Die Burn-out-Spirale mit Selbstwertzweifeln, Depressivität, Versagensgefühlen, Einsatz von Alkohol und Medikamenten, weitere Schwächung, daraus resultierende Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls und so weiter hat große Ähnlichkeit mit der Frustrations-Kränkungs-Spirale.

Reinhard Haller ergänzt: „Auch die wesentlichen Punkte in der Therapie depressiver Erschöpfungszustände beinhalten sehr viele Aspekte, die man bei der Behandlung von Kränkungsreaktionen und Verbitterungsstörungen anwenden muss.“ Kränkungen lösen immer psychischen Stress aus, und zwar sogenannten „Dysstress“, also schädlichen und gefährlichen Stress. Dieser hat indirekte Auswirkungen auf Herzfrequenz, Blutdruck, Stoffwechsel, Energiehaushalt, auf die hormonellen Organe, die Atmung und das Muskelsystem.

Partnerschaften sind das Kränkungsschlachtfeld schlechthin

Allmählich fixieren sich die vorerst nur vorübergehend aufgetretenen Störungen, sodass aus dem psychischen Stress letztlich körperliche Erkrankungen resultieren. Das berühmte Wort, wonach Kränkungen krank machen, findet auch bei den somatischen Leiden seine Bestätigung. „Die Ehe ist ein Kampf, der mit Ringen beginnt … und mit Kränkungen weitergeht“, könnte man ein bekanntes Sprichwort in Hinblick auf das Thema des Buches „Die Macht der Kränkung“ von Reinhard Haller weiterführen.

Tatsächlich sind Partnerschaften das Kränkungsschlachtfeld schlechthin. Reinhard Haller erläutert: „Weil viele Erwartungen nicht erfüllt werden und mannigfache Enttäuschungen eintreten, das enge Zusammenleben Aggressionen fördert und Reibungskonflikte hier besonders groß sind, da im täglichen Miteinander die sensiblen Bereiche zwangsläufig tangiert und die jeweiligen Kränkungsreaktionen nirgendwo intensiver ausgelebt werden, ist dies wahrscheinlich unvermeidlich.“ Grob eingeteilt gibt es in den Partnerschaften drei besonders kränkungssensible Phasen: jene der ersten Enttäuschungen, jene der etablierten Kränkungskonstellationen und schließlich, wenn es dazu kommt, die Trennung. Quelle: „Die Macht der Kränkung“ von Reinhard Haller

Von Hans Klumbies

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