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Die Grundzüge der Willenstherapie von Otto Rank

In seinem Buch „Entwicklungsziele der Psychoanalyse“ das er zusammen mit Sándor Ferenczi geschrieben hatte, rückte Otto Rank von der übertriebenen Vergangenheitsforschung der analytischen Therapie ab. Er betonte, dass die aktuellen Probleme des Patienten die wichtigsten seien. In der Beziehung zwischen Therapeut und Analysand entwickelt sich der eigentlichen Heilungsprozess. Die entscheidenden Kräfte dabei sind seiner Meinung nach die Emotionen und Einsichten, die aus der Übertragungssituation gewonnen werden. Otto Rank plädiert für ein aktives Verhalten des Analytikers, nur ein kühl distanziertes Gegenüber lehnt er ab. In seiner Lehre machte Otto Rank die Mutter zur Hauptgestalt in der Krankheitsgeschichte seiner Patienten, denn das Übertragungsgeschehen galt ihm als Reminiszenz an dessen Mutterbeziehung in der präödipalen Phase seines Lebens.

Der Patient braucht gesteigerte Ich-Erlebnisse

Otto Rank ist davon überzeugt, dass der Patient in der Beziehung zwischen ihm und seinem Therapeuten neuartige Erfahrungen machen muss, wenn er sich positiv verändern will. Erlebnschliche Umgebung von Kindheit an das Ich des Heranwachsenden verkennt, unterdrückt und missachtet. Eine Heilung ist nur möglich, wenn der Patient in der Therapie ein gesteigertes Ich-Erlebnis erfährt.

Beim Heilungsvorgang kommt es nach Otto Rank zu einem Kampf zweier Willenskräfte. Der Patient will aus Angst in seinem Zustand verharren, der Analytiker will ihn aus diesem befreien. Der Therapeut setzt dabei einen positiven Willen ein, währen der Patient mit seinem Gegenwillen arbeitet. Gelingt die Therapie, dann lernt der Analysand auch echt zu wollen. Anstatt sich mit unfruchtbaren Schuldgefühlen herumzuplagen, wählt er dann laut Otto Rank Ziele und Werte, die er verwirklichen will. Entscheidend ist dabei, dass der Therapeut weder moralisiert noch verurteilt.

Die Psychotherapie vermittelt Selbsterkenntnis

Das Verstehen ist für Otto Rank das wichtigste Behandlungsinstrument. Denn nur ein Mensch, der verstanden wird, lernt auch sich selbst zu verstehen. Aus dem Gegenwillen des Patienten muss sich im Laufe der Behandlung ein Gesundungswille entwickeln, der allein der psychischen Störung ein Ende setzen kann. Der eigentliche Heiler ist nach Otto Rank der Analysand selbst, da seiner Meinung nach niemand einen anderen heilen kann. Wenn der Patient wirklich gesund werden will, dann wird er es auch.

Kurzbiographie: Otto Rank

Otto Rank wurde 1884 in Wien geboren. Sein erstes Buch erschien 1907 unter dem Titel „Der Künstler. Ansätze zu einer Sexualpsychologie“. Otto Rank entwickelte sich zu einem der treuesten Mitarbeiter von Sigmund Freud. Nach seiner Doktorarbeit über „Die Lohengrin-Sage“ (1911) wurde er Freuds Privatsekretär. 1924 veröffentlichte er die Werke „Das Trauma der Geburt“ und zusammen mit Sándor Ferenczi „Entwicklungsziele der Psychoanalyse“. Im selben Jahr reiste Otto Rank in die USA, wo er als Vortragsredner und Lehranalytiker wirkte.

1926 übersiedelte er nach Paris, wo er als Therapeut und Autor sehr erfolgreich arbeitete. 1929 trat er aus der Wiener Psychoanalytischen Vereirika um. Bis zu seinem Tod im Jahre 1939 veröffentlichte Otto Rank noch eine Reihe von Büchern wie beispielsweise „Technik der Psychoanalyse“ (1926), „Seelenglaube und Psychologie“ (1931), „Erziehung und Weltanschauung“ (1929) sowie „Kunst und Künstler“ (1930).

Von Hans Klumbies

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