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Optimismus ist immer auch eine Frage des Zukunftsglaubens

Unter „Optimismus“ wird im Alltag wie in der Forschung eine positive Erwartung im Hinblick auf zukünftige Entwicklungen verstanden. Jens Weidner erklärt: „Optimismus ist damit auch immer eine Frage der Fantasie und des Zukunftsglaubens.“ Die Optimismusforschung beschäftigt sich primär mit zwei Ansätzen: Die erste Forschungsrichtung beschreibt typische Fehler in der menschlichen Urteilsbildung, etwa wenn Menschen sich durch eine positiv verzerrte Zukunftssicht auszeichnen und dann die Hände in den Schoss legen, weil sie glauben, das Glück käme von alleine. Die zweite Forschungsrichtung versteht Optimismus als Persönlichkeitsmerkmal. Sie untersucht die Folgen unterschiedlicher Ausprägungen des Optimismus. Dabei beleuchtet die Sozialisation die Entwicklung eines Menschen und erklärt wie der Weg zum Optimisten gelingen kann. Jens Weidner ist seit 1995 Professor für Erziehungswissenschaften und Kriminologie an der Fakultät Wirtschaft und Soziales der Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg.

Positives Denken gilt als Synonym für Verblendung und Irrglauben

Wer den Optimismus verstehen will, muss seine Beziehung zum Pessimismus verstehen. Optimisten wissen, dass sie ohne pessimistische Korrektur schnell über das Ziel hinausschießen. Pessimisten sind in der Tiefe ihrer Seele für die Hoffnung dankbar, dass es vielleicht doch nicht so schlimm kommen wird, wie sie befürchten. Sie ahnen aber nichts Gutes und fühlen sich mit ihrer schweren, kritischen, nachdenklichen Haltung den Optimisten überlegen. Und dieses, für Optimisten ärgerliche Gefühl der Überlegenheit der Schwarzseher hat substanzielle historische Wurzeln.

Der Optimismus hatte es in der Vergangenheit nie leicht. Er galt und gilt als intellektuell zweifelhaft. Wissenschaftler, Experten, auch Medien neigen eben zur Skepsis, zur kritischen Berichterstattung. Projekte über Melancholie gelten bei der Intelligenz als chic. Positives Denken dagegen gilt als Ausdruck einer naiven Unbekümmertheit, als eine Art unbekümmertes Stimmungsdoping und Optimismus als Synonym für Verblendung und Irrglauben. Das Thema Optimismus beschäftigte auch große Denker wie Immanuel Kant und regte ihre Fantasie an.

Der Optimismus glaubt an das Gute im Menschen

Der Optimismus unterstellt ein Menschenbild, das an das Gute glaubt. Jens Weidner erläutert: „Zu Recht, denn es gibt viele berühmte Menschen in Kultur, Wirtschaft und Gesellschaft, die Wunderbares geleistet haben, und es gibt noch eine viel größere Gruppe von unbekannten Menschen, die durch Zivilcourage und Hilfsbereitschaft dasselbe getan haben.“ Jean-Jacques Rousseau hat in seinem Erziehungsroman „Emile“ einen von Natur aus guten Menschen schon im Jahr 1762 beschrieben.

Dieser ist makellos geboren und mit allem ausgestattet, was ihm ein glückliches Leben ermöglicht. Erst eine missratene Kultur, eine korrupte Gesellschaft oder eine enthemmte Wirtschaft kann ihn degenerieren und zum Übeltäter machen. Es sei demnach die Aufgabe von Erziehung und Bildung, diesen Prozess der Degeneration zu verhindern, um eine gute Gesellschaft zu schaffen. Ohne Sozialisation geht also nichts. Optimismus galt allerdings bei Jean-Jacques Rousseaus philosophischen Gegnern als geistiges Himmelfahrtskommando, das trotz des Grauens auf der Welt von den besten aller möglichen Welten faselte. Quelle: „Optimismus“ von Jens Weidner

Von Hans Klumbies

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