Männer und Frauen erleben die Welt unterschiedlich

Louann Brizendine analysierte während ihres Medizinstudiums Studien, aus denen hervorging, dass das weibliche Gehirn in sehr starkem Ausmaß von den Hormonen beeinflusst wird. Die Hormone steuerten das Verhalten der Frauen ebenso sehr, wie sie ihre Wirklichkeit prägten. Louann Brizendine  stellt darin die relative Stabilität der männlichen hormonellen Hirnzustände den weiblichen gegenüber, die von einem oft chaotischen Chemie-Cocktail bestimmt sind. Bei den Frauen verändern sich die hormonellen Zustände des Gehirns bei den Übergängen von der Kindheit zur Adoleszenz, von dort ins frühe Erwachsenenalter, dann in die Mutterschaft und schließlich zur Menopause ganz erheblich.

Die Biologie sperrt den Menschen nicht in seiner Wirklichkeit ein

Die unterschiedliche Erfolgsbilanz von Frauen und Männern in der Mathematik und in den Naturwissenschaften liegt laut Louann Brizendine nicht in den natürlichen Gehirnunterschieden der Geschlechter begründet. Denn sie stellte fest, dass Jungen und Mädchen bis zur Pubertät exakt gleich gut in diesen Fächern sind. Doch sobald das Testosteron das Verhalten der Jungen bestimmt, verhalten sie sich extrem wettbewerbsorientiert und sind zudem bereit, viele Stunden allein zu lernen oder am Computer zu studieren. Die Östrogenflut im weiblichen Gehirn dagegen bewirkt, dass die Mädchen sich sehr viel stärker für soziale Bindungen und ihre Gefühle interessieren.

Es liegt gemäß Louann Brizendine nicht an der mangelnden Begabung, dass Frauen in naturwissenschaftlichen Bereichen eher selten arbeiten, sondern an den durch das Gehirn geprägten Einstellungen zu dieser Form von Profession. Louann Brizendine sagt aber auch: „Die Biologie hat großen Einfluss auf unsere Wirklichkeit, aber sie sperrt uns nicht darin ein.“ Denn durch die Verfügbarkeit von Östrogen in Tablettenform und der Tatsache, dass die Medizin inzwischen Hormone ersetzen kann, haben Frauen heute eine bessere Kontrolle über ihr tägliches Erleben.

Von Hans Klumbies