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In der Liebe wird der Augenblick zur Ewigkeit

Bei wahrhaft Liebenden findet der Psychiater und Psychotherapeut Ludwig Binswanger keinerlei Konkurrenzverhalten. Ganz im Gegenteil sind die Liebenden froh, an einem gemeinsamen Ort zu sein, den sie stets auch als Heimat empfinden. Auch die Zeitlichkeit ist in der Liebe außer Kraft gesetzt, da wer liebt, im Augenblick die Ewigkeit empfindet. Aus der Liebe lassen sich für Ludwig Binswanger alle anderen Existenzweisen ableiten. Je nachdem, ob ein Mensch lieben kann oder nicht, strukturiert sich seine Erfahrung der Welt. Die Welt der Liebe und die Welt der Lieblosigkeit sind die beiden Pole, zwischen denen das Leben hin und her pendelt.
Ein gesunder Mensch lernt in der Kindheit das Lieben

Je stärker das Pendel in Richtung des Liebesmangels ausschlägt, umso heftiger tritt eine pathologische und ängstlich-destruktive Lebensgestaltung in den Vordergrund. In der Sprache erkennt Ludwig Binswanger ein Teilstück des liebenden Miteinanderseins. Nur wer in seiner Kindheit das Lieben lernt, entwickelt sich zu einem gesunden Menschen. Alle Zerrformen des menschlichen Seins müssen auf dem Hintergrund sich verkapselnder Persönlichkeiten gesehen werden, die unter dem Druck von Angst in sich selbst eingeschlossen blieben und nicht in die offene Weiten der Welt vorzudringen vermochten.

Von Mensch zu Mensch bedeutet lieben und erkennen etwas Identisches für Ludwig Binswanger. Man kann den Menschen nur begreifen, sofern man seine eigene Liebesfähigkeit steigert. Außerdem versteht sich der Mensch selbst besser, wenn er in seinem Dasein die Liebe lebt und liebevoll agiert. Allerdings war sich Ludwig Binswanger im Klaren darüber, dass das Verstehen unter Menschen nicht nur allein aus einem Verhältnis zwischen Ich und Du besteht, sondern stets auch im Raum einer Kulturwelt stattfindet.

Kurzbiographie: Ludwig Binswanger

Ludwig Binswanger wurde am 13. April 1881 in Kreuzlingen in der Schweiz geboren. Er studierte Medizin in Lausanne, Heidelberg und Zürich und schloss 1907 seine Studien mit einer psychiatrischen Dissertation bei seinem Doktorvater C. G. Jung ab. Ab 1911 war er medizinischer Direktor des Sanatoriums Bellevue in Kreuzlingen. Diese Position nahm er bis zum Jahre 1956 ein. Im Anschluss an Martin Heidegger und Sigmund Freud wurde er zum Gründer der daseinsanalytischen Schule der Medizin und Psychiatrie. Ludwig Binswanger starb im Alter von 85 Jahren am 5. Februar 1966 in Kreuzlingen im Kanton Thurgau.

Von Hans Klumbies

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