Der Unterschied zwischen Logotherapie und Religion

Für Viktor Frankl ist die Logotherapie der Religion gegenüber zu einer neutralen Einstellung verpflichtet. Für den Arzt, der diese Richtung der Psychotherapie anwendet, ist es völlig nebensächlich, ob der Kranke gläubig oder ungläubig ist. Viktor Frankl erklärt den Unterschied zwischen Psychotherapie und Religion: „Das Ziel der Psychotherapie ist seelische Heilung – das Ziel der Religion jedoch ist das Seelenheil.“ Doch auch die Religion kann laut Viktor Frankl psychotherapeutisch wirksam werden, indem sie Menschen eine Geborgenheit und eine Verankerung ermöglicht.  

Die Existenz ist geprägt vom Willen zum Sinn

Obwohl die Religion für die Logotherapie nur ein „Gegenstand“ ist, so liegt sie ihr jedoch dennoch sehr am Herzen und zwar aus dem einfachen Grund, dass im Zusammenhang mit der Logotherapie unter Logos der Sinn zu verstehen ist. Viktor Frankl erklärt: „Tatsächlich geht menschliches Dasein immer schon über sich hinaus, weist es immer schon auf einen Sinn hin. In diesem Sinne geht es dem Menschen in seinem Dasein hr um Sinnerfüllung. In der Logotherapie sprechen wir da von einem Willen zum Sinn.“

Die Psychotherapie fasst das Phänomen der Gläubigkeit gemäß Viktor Frankl nicht als einen Glauben an Gott auf, sondern als einen umfassenden Sinnglauben. Er zitiert Albert Einstein, für den die Frage nach dem Sinn des Lebens stellen, religiös sein heißt. Der religiöse Glaube ist für die Logotherapie auch ein Glauben an den Übersinn, ein Vertrauen auf das Absolute. Auf der anderen Seite kann sich Viktor Frankl nicht vorstellen, dass es sinnvoll ist, wenn eine Kirche von ihm verlangt, dass er glaube.

In ihrer Verschiedenheit gleichen die Religionen den Sprachen

Viktor Frankl schreibt: „Ich kann doch nicht glauben wollen – ebenso wenig wie ich lieben wollen, also zur Liebe mich zwingen kann, und ebenso wenig wie ich mich zur Hoffnung zwingen kann, nämlich gegen besseres Wissen.“ Es gibt nun einmal Dinge, die sich nicht wollen lassen. Sie lassen sich nicht auf Verlangen oder Befehl herstellen. Auf die Frage, ob ein Trend von der Religion wegführe, antwortete Viktor Frankl, dass sich die Menschen nicht von der Religion abwenden würden, sondern von jenen Konfessionen, die anscheinend nichts anderes zu tun haben, als gegeneinander zu kämpfen und sich gegenseitig die Gläubigen abspenstig zu machen.

Von Hans Klumbies